Die Helikopterbranche fliegt weitgehend unter dem Radar der Öffentlichkeit. Doch das Coronajahr setzte ihr stark zu – und wegen den fehlenden Auslandsgästen dürfte sich das nicht so schnell ändern. Nicht alle leiden gleich: Die Rega etwa konnte viele neue Gönner gewinnen.
von Redaktion
18. Juni 2021
Die Coronakrise hat für viel Ruhe am Himmel gesorgt. Doch worüber Anwohner sich teilweise freuen, darunter leidet eine Branche besonders: Jene der Helikopterunternehmen. Sie blickt auf ein Jahr zurück, das sie an den Anschlag gebracht hat. Der Sommer dürfte nur wenig Entspannung bringen.
Im vergangenen Jahr habe die Branche rund 30 Prozent weniger Umsatz verzeichnet, sagt Mitte-Nationalrat Martin Candinas, der Präsident des Branchenverbands Swiss Helicopter Association (SHA) ist. Die Pandemie habe die Nachfrage nach Lufttransportleistungen einbrechen lassen. Gleichzeitig sei der Betrieb von Helikoptern sehr kapital- und fixkostenintensiv. «Neben den Personalkosten schlagen Wartung, Kapitalkosten, Amortisation, Versicherungen und Hangarierung auch dann zu Buche, wenn ein Helikopter stillsteht.»
Helikopterunternehmen gehörten zur Grundversorgung des Landes, sagt Candinas. Sie hielten ihre Betriebe stets aufrecht. Dringende Flugaufträge könnten so jederzeit durchgeführt werden. «Die Pandemie hat Transportaufträge – etwa für die Versorgung von Berghütten – und die wirtschaftlich wichtigen Rundflüge einbrechen lassen», sagt Candinas. Auch in der Rettung seien die Umsätze weit unter einem normalen Jahr gelegen. «Viele unserer Unternehmen können nicht kostendeckend arbeiten.»
Mittlerweile seien die Volumen und die Umsätze aus der Rettung zwar wieder angestiegen, aber vielerorts noch immer weit unter dem normalen Niveau. Die Kosten seien kaum gesunken. «Sie können nur dann gedeckt werden, wenn ein entsprechendes Einsatzvolumen besteht.» Der Sommer lasse auf eine Erholung hoffen, «aber die fehlenden Gäste aus dem Ausland dürften weiter zu spürbaren Umsatzverlusten bei den wichtigen Rundflügen führen».
Nur bei einem Thema herrsche Hochkonjunktur, sagt Candinas. «Unbeeindruckt von der Krise zeigt sich einzig die öffentliche Verwaltung. Die Flut von Bestimmungen der europäischen EASA und des Bundesamts für Zivilluftfahrt (Bazl) nimmt Jahr für Jahr zu. Sie ist besonders für die Helikopterunternehmen eine enorme Belastung.»
Was damit gemeint ist, zeigt etwa ein Bericht der Zeitschrift «SkyHeli» vom letzten Jahr. Zwar hat Bazl-Direktor Christian Hegner laut dem Artikel eingeräumt, es sei in der Vergangenheit nicht immer die «Balance zwischen sinnvoller Regulation und zu weit gehenden Vorschriften» gefunden worden. Dass die EASA ihren Fokus auf Helikopteroperationen lege, habe aber seinen Grund: In den USA sei die Unfallrate im Heli-Sektor etwa halb so tief wie in Europa. Das Bazl wolle sich aber «für mehr sinnvolles Training bei gleichzeitig weniger vorgeschriebenen Checks
und realistische Performance-Vorschriften für Operationen im Gebirge einsetzen».
Ein Heli-Betreiber muss laut dem Artikel 2000 Vorschriften kennen – und Personen, die für die Umsetzung der Regeln zuständig sind, «immer häufiger Juristen statt Praktiker» sein. «Die Ressourcen, welche mit dem Aufwand zur Erfüllung aller gesetzlichen Vorgaben gebunden werden, bringen besonders kleinere Firmen an den Rand ihrer Möglichkeiten», heisst es weiter. Firmen müssten sich neue Modelle überlegen, um Ressourcen gemeinsam zu nutzen.
Gut möglich also, dass es in der Schweizer Helikopter-Branche mit zunehmenden regulatorischen Vorschriften und Einbussen durch die Coronakrise zu einer Konsolidierung des Marktes kommt. Wie heftig Kämpfe ausgefochten werden, zeigt etwa der Streit zwischen der Rega und der Alpine Air Ambulance um Einsätze, die von Schutz & Rettung Zürich disponiert werden. Selbst das Bundesverwaltungsgericht muss sich mit Beschwerden beschäftigen, beide Seiten decken sich mit gegenseitigen Beschuldigungen zu, wie der «Tages-Anzeiger» recherchierte.
Immerhin: Der Rega konnte das Coronajahr nur wenig anhaben. Mit 13’253 Einsätzen organisierte deren Helikopter-Einsatzzentrale letztes Jahr so viele wie nie. Die Zahl der Gönner nahm um zwei Prozent respektive 73’000 auf 3,625 Millionen zu. Für die kleinen Firmen in der Branche ist das allerdings ein schwacher Trost.
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