Grünen-Nationalrätin Franziska Ryser: «Flüge werden künstlich verbilligt» (Abo)

Die St. Galler Grünen-Nationalrätin Franziska Ryser. Bild: Franziska Ryser

Franziska Ryser kämpft für ein Ja zum CO2-Gesetz am Sonntag. Sie plädiert für ein Verbot von Flügen auf Strecken mit einer Reisezeit im Zug von bis zu acht Stunden und sagt, warum sie dafür kämpft, dass der Intercity 1 wieder schneller von St. Gallen nach Bern fährt.

von Stefan Ehrbar
9. Juni 2021

Frau Ryser, am Sonntag wird über das CO2-Gesetz abgestimmt. Mit welchem Ausgang rechnen Sie? 
Ich rechne damit, dass die Bevölkerung das CO2-Gesetz annimmt und Ja sagt zu einer fortschrittlichen Klimapolitik. Das CO2-Gesetz ist nicht der Weisheit letzter Schluss, aber es enthält wichtige Instrumente, um die CO2-Emissionen im Verkehr, bei den Gebäuden, im Finanzsektor und in der Wirtschaft in den kommenden Jahren zu reduzieren.  

Sie fordern im Parlament die Erweiterung des CO2-Gesetz mit einem CO2-Ausgleichsystem. Wie würde das konkret funktionieren? 
Ein CO2-Grenzausgleich ist die logische Folge einer höheren CO2-Abgabe. Denn gerade die produzierende Wirtschaft bei uns in der Schweiz soll nicht durch Produkte konkurriert werden, die im Ausland zu einem günstigen CO2-Dumping-Preis produziert werden. Wenn ein anderes Land keine CO2-Emissionsabgaben erhebt, wird auf Produkte aus diesem Herkunftsland beim Import in die Schweiz eine Kompensationsabgabe erhoben. So wird verhindert, dass die Produktion CO2-intensiver Güter ins Ausland ausgelagert wird. Das stützt die einheimische Wirtschaft, erlaubt einen fairen Wettbewerb, und setzt für andere Länder einen Anreiz, ebenfalls Klimaschutzmassnahmen zu beschliessen.

Was würde ein solches System im Bereich Verkehr – Auto, Flugverkehr, ÖV – bedeuten? 
Ein CO2-Grenzausgleich würde vor allem CO2-intensive Produkte betreffen wie Textilien, Papier oder Zement. Auch die EU arbeitet aktuell an einem Grenzausgleich, zu welchem Mitte Juli die ersten Eckwerte bekannt werden. Auf den Bereich Verkehr würde ein Grenzausgleich, wie er im Moment angedacht ist, kaum Auswirkungen haben. 

Das CO2-Gesetz ermöglicht die Subventionierung von Nachtzügen. Mit welchen Effekten rechnen Sie?
Wenn das CO2-Gesetz angenommen wird, ist mit konkreten Verbesserungen im Bereich der Nachtzüge zu rechnen. Die SBB hat angekündigt, in Zusammenarbeit mit der ÖBB ihr Angebot an Nachtzuglinien auszubauen. Sofern sie Gelder aus dem Klimafonds erhalten, sollen Amsterdam und in einem späteren Ausbauschritt auch Rom und Barcelona wieder mit Nachtzügen angefahren werden.

Bei Reisen innerhalb Europas wird immer noch deutlich häufiger das Auto und das Flugzeug genutzt als der Zug. Wie könnte das geändert werden? 
Auf der einen Seite braucht es einen attraktiven internationalen Schienenverkehr. Die europäischen Metropolen müssen regelmässig, zuverlässig und mit raschen Verbindungen angefahren werden. Wer würde von Basel nach Paris heute in ein Flugzeug steigen, wenn man mit dem TGV in drei Stunden in der französischen Hauptstadt ist? Aber auch ein einheitliches europäisches Ticketing-System würde internationale Zugreisen attraktiver machen.

Und weiter?
Auf der anderen Seite braucht es Kostenwahrheit. Der Flugverkehr bezahlt heute keine CO2-Abgaben, keine Kerosinsteuer und keine Mehrwertsteuer – während der Zugverkehr mit Trassengebühren, Mehrwert- und Stromsteuer belastet wird. So werden Flüge künstlich verbilligt. Die Flugticketabgabe, wie sie im neuen CO2-Gesetz vorgesehen ist, würde hier Gegensteuer geben.

Braucht es ein Verbot von Kurzstreckenflügen?


 

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