Ist drin was drauf steht? Wer Swiss bucht, fliegt auch einmal mit Air Canada oder airBaltic – was steckt dahinter?

Swiss gebucht und schon fliegen Sie mit einem Flugzeug mit der Aufschrift airBaltic. Insgesamt nutzte die SWISS im Sommer 2025 25 eingemietete Flugzeuge von Helvetic und airBaltic um die Kundenversorgung trotz Triebwerk- und Besatzungs-Engpässen im Europaverkehr sicherzustellen. Bild: airBaltic

Manch ein Swiss-Flugpassagier wundert sich am Einstieggate nach Toronto, dass ein Air-Canada-Flieger anstelle des geliebten Schweizerkreuzes vor der Fluggastbrücke steht, oder dass man beim Europaflug von einer airBaltic-Flugbegleiterin in Englisch bedient wird, obwohl ein Swiss-Flug gebucht wurde. Wir schaffen einen Einblick ins Thema Codesharing und Leasing-Modelle.

von Peider Trippi,
15. Oktober 2025

Die Auswirkungen der Covid-Pandemie wie finanzielle Schwierigkeiten, Stilllegung von Flotten und Personalentlassungen bewirkten bei vielen Fluggesellschaften ab 2023 einen vorsichtigen operativen Wiederaufbau. Die Reisemarkt erholte sich aber bedeutend schneller als erwartet, gleichzeitig blieben weltweit tausende von Airbus- und Embraer-Flugzeugen wegen Triebwerkproblemen am Boden und Boeing konnte wegen Qualitätsmängeln ihre Flugzeuge nur mit viel Verspätung ausliefern. Die unerwartete Markterholung bewirkte auch, dass die Fluggesellschaften trotzt fehlender Flugzeuge rasch neue Märkte erschliessen mussten, um im Wettbewerb nicht das Nachsehen zu haben. Insbesondere die wesentlich agileren Low Cost – Fluggesellschaften nutzten dabei die Gunst der Stunde und bauten ihre Marktanteile weiter aus. ACMI-Anbieter (Gesellschaften die ihre Flugzeuge im Aircraft, Crew, Maintenance und Insurance – Modell vermieten) waren ebenfalls Nutzniesser dieser volatilen Marktsituation.

2024 entwickelte sich so zu einem Rekordjahr für die ACMI-Branche mit über 920.000 abgeschlossenen Blockstunden für alle Passagierflugzeugtypen. Ein Grossteil der Kapazität wurde von europäischen ACMI-Betreibern bereitgestellt, deren Flotten seit der Erholung nach COVID deutlich gewachsen sind. Der Markt wurde 2024 zusätzlich durch globale Lieferkettenprobleme stimuliert, insbesondere durch die Stilllegung von P&W GTF-Triebwerken (Mobimag berichtete), die die Fluggesellschaften dazu zwangen, sich an ACMI-Betreiber zu wenden. Dies um ihre Kapazitäten kurzfristig aufrechtzuerhalten und ihre Marktanteile abzusichern.

Warum ist ein SWISS-Flug nicht immer mit einem SWISS-Flugzeug?

Diese hohe Volatilität setzte die Flotten- und Besatzungsplanung erheblich unter Druck und gleichzeitig musste eine ungünstige Ertrags-Kostenentwicklung antizipiert werden. Dieser «Drahtseilakt» brachte Fluggesellschaften wie die SWISS in Ressourcenprobleme bei Flugzeugen und Cockpit-Besatzungen, bei der skandinavischen SAS fehlte davor schlicht das Geld für Flugzeugbeschaffungen. Um am Markt mitzuhalten wurden Flugzeuge zum «kostbaren» Gut und so mussten sich SWISS wie SAS neben anderen Airlines rasch und nachhaltig mit Mietflugzeugen eindecken. Ebenso betroffen ist die Lufthansa-Low Cost Tochter Eurowings, die in ihrem Marktausbau von den Low Cost-Airlines wie easyJet, Ryanair und Wizz Air konkurrenziert wird.

Fluggesellschaften, die als Teil ihrer Strategie das ACMI-Geschäftsmodell betreiben, u.a. Air Baltic, Helvetic, CityJet, Braathens, Avion Express erzielten in 2024 ein hohes Umsatzwachstum. Dies dürfte sich branchenweit 2025/26 eher abschwächen, da sich die Betriebserträge aufgrund steigender Kosten bei den Fluggesellschaften negativ entwickeln. Graphik P. Trippi

Und da wären noch Codeshare-Flüge

Während das Verfügbarkeitsproblem der eine Grund ist, nicht bei der erwarteten Fluggesellschaft einzusteigen ist der andere Grund die Praxis mit den Codeshare-Flügen. SWISS erweitert ihr Streckennetz mit sogenannten Codeshare-Flügen. Die Buchung erfolgt bei SWISS, der Flug wird jedoch von der entsprechenden Partner-Fluggesellschaft durchgeführt. Die Flugnummern geben entsprechend Auskunft. Bei der Buchung erscheint meistens der Hinweis «Durchgeführt von …». Einen Codeshare-Flug erkennt man auch daran, dass er zwei oder mehrere Flugnummern hat. Im Fall von SWISS eine LX-Nummer plus die Codes der Partner-Fluggesellschaften. Die zuerst gelistete Flugnummer sagt aus, welche Fluggesellschaft den Flug durchführt, sprich Flugzeug, Crew und Verpflegung stellt. Insgesamt betreibt die SWISS mit 19 Fluggesellschaften Codeshare-Abkommen. Eine Übersicht finden Sie hier.

Was gilt es zu beachten?

Bei einem SWISS-Flug mit einer ACMI-Fluggesellschaft, zum Beispiel Air Baltic oder Helvetic, ist bei betrieblichen Problemen immer die Gesellschaft zuständig, bei der man den Flug gebucht hat. In diesem Fall die SWISS.

Bei Codeshare-Flügen haftet grundsätzlich das tatsächlich ausführende Luftfahrtunternehmen für Verspätungen und Annullierungen, da es die operative Verantwortung trägt. Dies ist die Airline, die die Maschine stellt, die Crew einsetzt und den Flug physisch durchführt. Dies unabhängig davon, bei welcher Airline der Flug gebucht wurde. Ist die Buchung jedoch eine Einheit mit mehreren Etappen, z.B. Anschlussflüge, kann die gebuchte Airline für die Verspätung ihres Codeshare-Partners verantwortlich sein. 

Bei einigen Codeshare-Flügen ist es mitunter nicht möglich, dass Sie Ihren Sitzplatz im Voraus auswählen können oder Sitzpläne während der Buchung angezeigt bekommen. Auch garantiert ein Codeshare keine Konsistenz im (erwarteten) Service. Speziell wenn die zweite Etappe von einem Billiganbieter durchgeführt wird, hat man ausser dem gebuchten Flug keine weiteren Annehmlichkeiten.

Bei Codeshares zwar selten, können sich solche Buchungen bei Meilenprogramme auswirken: Es kann sein, dass Sie nicht die vollen Punkte sammeln, nicht die Statusvorteile geniessen können und das Einlösen von Meilen oder das Upgraden nicht garantiert wird. Und zuletzt noch dies: Bei einem Codeshare-Flug checken die Passagiere mit der durchführenden Fluggesellschaft ein.

Leasing ist nicht gleich Leasing

Im Bereich der reinen Finanz-Leasinggesellschaften betätigen sich Firmen, die über einige Hundert Flugzeuge besitzen und diese im Dry Lease (siehe unten) an Fluggesellschaften vermieten. Zu ihnen gehören unter anderen die niederländische AerCap Holdings N.V., heute der Marktleader. Sie ist eine amerikanisch-irische Leasinggesellschaft für die Luftfahrt mit Hauptsitz in Dublin, Irland. Sie hat über 1700 Flugzeuge im Portfolio. Ebenfalls in Irland beheimatet ist SMBC Aviation Capital, ein Tochterunternehmen von der japanischen Sumitomo Mitsui Banking Corporation. Die als Nummer 2 im Markt knapp 1000 Flugzeuge besitzt. Die weitere Marktübersicht kann in «Aircraft Lessors Portfolio Review Jan 2025» eingesehen werden.

Eine andere Gruppe von Gesellschaften sind sogenannte ACMI-Firmen. Die setzen ihre Flugzeuge operativ unter der eigenen AOC ein und vermieten sie als Paket-Dienstleistung beinhaltend Aircraft, Crew, Maintenance und Insurance. Die Avia Solutions Group (ASG) gilt als der größte ACMI- und Charterdienstleister der Welt und als zweitgrösstes Luftfahrtunternehmen mit Sitz in Irland nach der Billigfluggesellschaft Ryanair. Sie betreibt rund 180 Flugzeuge in verschiedenen Fluggesellschaften wie Avion Express Lithuania, Avion Express Malta, Air Explore Slovakia und drei Smartlynx Airlines. Nummer zwei im Markt ist ASL Aviation Holdings. In einer Übersicht von AeroTime werden die zehn grössten ACMI-Gesellschaften dargestellt.

Zunehmend betreiben Fluggesellschaften, als quasi zweites Standbein, ein eigenes ACMI-Marktangebot. Beispiele hierfür sind Gesellschaften wie Helvetic, airBaltic, German Airways und andere.

KLM Cityhopper nutzt ein Wet Lease-Abkommen mit German Airways für ihre Regional-Flotte, wobei German Airways Flugzeuge mit Besatzung, Wartung und Versicherung (ACMI) bereitstellt. Diese Partnerschaft ist seit 2023 bestehend und wurde für die Sommerflugpläne 2024 und 2025 verlängert. Bild P. Trippi

Die Arten von Flugzeug-Leasing

Beim Flugzeug-Leasing wird unter verschiedenen Bedingungen ein Flugzeug zur Nutzung in Form des Leasings überlassen. Man unterscheidet dabei Dry Lease und Wet Lease. Alle Leasing-Verträge zwischen Fluggesellschaften müssen vorab durch die zuständige Behörde genehmigt werden.

Dry Lease (Trockenmiete) bezeichnet die Miete eines Flugzeugs ohne Personal, Wartung und Versicherung. Beim Dry Lease wird das Flugzeug in das Air Operator Certificate (AOC, Luftverkehrsbetreiberzeugnis) des Mieters aufgenommen. Bei einem Dry Lease, oft auch als Operating-Leasing bezeichnet, stellt der Leasinggeber nur das Flugzeug selbst zur Verfügung. Der Mieter übernimmt die volle Verantwortung für den Betrieb inklusive Wartung und Versicherung. In der Regel werden die Flugzeuge für mehrere Jahre so betrieben.

Beim Sale-and lease back Verfahren werden Flugzeuge im Besitz einer Fluggesellschaft zur Liquiditätsbeschaffung an einen Finanz-Leasinggeber verkauft und im Dry Lease zurück gemietet.

ACMI steht für Aircraft, Crew, Maintenance und Insurance. Im Rahmen einer ACMI-Vereinbarung stellt der Leasinggeber (die liefernde Fluggesellschaft oder die Leasinggesellschaft) dem Leasingnehmer (der Kundenfluggesellschaft) die genannten vier Betriebselemente zur Verfügung. Die Leasingdauer kann von einem Flug bis mehrere Monate umfassen. Der Leasinggeber behält die operative Kontrolle über das Flugzeug und das Flugzeug wird unter dem AOC des Leasinggebers betrieben.

Das ACMI-Leasing umfasst zwei Varianten:

  • Wet Leasing (Nass-Miete): Dies ist das Standard-ACMI-Modell, bei dem der Leasinggeber das Flugzeug und die gesamte Besatzung (sowohl Cockpit- als auch Kabinenbesatzung) zur Verfügung stellt, die Wartung überwacht und die notwendige Versicherung abschliesst.
  • Damp Leasing: Hierbei handelt es sich um eine Variante, bei der der Leasinggeber das Flugzeug, die Flugbesatzung, die Wartung und die Versicherung zur Verfügung stellt, der Leasingnehmer jedoch seine eigene Kabinenbesatzung (ganz oder teilweise) einsetzt. Grössere Fluggesellschaften bevorzugen dies, um eine bessere Kontrolle über ihr Bordprodukt, die Servicekonsistenz und die Markenpräsentation zu erhalten.

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