Afrika erwartet über 175 Millionen Passagiere in 2025. Darin liegt ein grosses Potenzial, aber noch grössere Herausforderungen

Der wirtschaftliche Aufschwung Afrikas hat zu einer Zunahme der Einkommen und eine aufstrebende Mittelschicht geführt. Dies führt zu nachhaltigen Nachfragesteigerungen im afrikanischen Luftverkehr. Bild: Ethiopian Airlines

Der afrikanische Luftfahrtsektor erlebte in den Jahren vor der COVID-19-Pandemie ein stetiges Wachstum. Nach der Pandemie erholte sich der gesamte Passagierverkehr im Jahr 2023 auf 161 Millionen (innerafrikanisch 98 Mio.), was einem Anstieg von 11,8 % gegenüber 2019 und einem bemerkenswerten Anstieg von 228,6 % gegenüber 2020 entspricht. Wie geht es weiter?

von Peider Trippi,
23. Januar 2025

Das Potenzial der Luftfahrt in Afrika ist riesig. Afrika hat 17 Prozent der Weltbevölkerung, trägt heute aber nur etwa 2 Prozent zum weltweiten Reiseverkehr bei. Zwar sind noch Hürden zu überwinden. «Ziel ist ein sicherer, effizienter und besser vernetzter Kontinent, der von einer vielfältigen, qualifizierten Belegschaft angetrieben wird, um das Potenzial der Luftfahrt freizusetzen und die wirtschaftlichen und sozialen Chancen zu erschließen», sagte Al Awadh – Regional Vice President der IATA für Afrika und den Nahen Osten.

Trotz dieser vielversprechenden Aussichten steht die afrikanische Luftfahrtindustrie vor mehreren Herausforderungen die angegangen werden müssen, um das Wachstum aufrechtzuerhalten. Die Entwicklung der Infrastruktur ist nach wie vor eine erhebliche Hürde um das steigende Passagieraufkommen zu bewältigen. Cairo International Airport mit 27,7 Millionen Passagieren, Südafrikas O.R. Tambo International Airport mit 21 Mio. und Addis Abeba Bole International Airport sind die grössten afrikanischen Flughäfen.

Gemäss der International Air Transport Association (IATA) machen Afrikas Fluggesellschaften insgesamt Gewinne. Das sind gute Nachrichten. Aber sie sind hauchdünn und liegen weit unter dem weltweiten Benchmark. Der erwartete Gewinn von 100 Millionen US-Dollar entspricht jedoch nur 90 Cent pro Passagier – weit unter dem weltweiten Durchschnitt von 6,14 US-Dollar. Dieses positive Ergebnis wird allerdings nur von einer Handvoll profitabler Fluggesellschaften wie Ethiopian Airlines und Egypt Air getragen.

Eine weitere Herausforderung ist der Sicherheitsstandard. Ausgangspunkt für die Verbesserung der Sicherheit sind die effektiven Anwendungen globaler Standards. Auf Regierungsebene ist die wirksame Umsetzung der ICAO-Standards und -Empfehlungen SARPS (Standards And Recommended Practices) ein Schlüsselindikator. Die Daten für das Jahr 2022 zeigen erhebliches Verbesserungspotenzial, da nur 28 von 54 afrikanischen Staaten eine effektive Umsetzungsrate für ICAO-SARPS von 60 Prozent oder mehr erreichen. Der Global Aviation Safety Plan und der AFI Regional Aviation Safety Plan streben eine SARPS-Umsetzung von 75 Prozent in Afrika an. Dass dies umso wichtiger wird belegt das erwartete Wachstum, das jährlich 6,4 % betragen soll. Bis 2043 wird sich der Luftverkehr damit verdreifachen! Gemäss Prognosen von Boeing wird sich die kommerzielle Flotte Afrikas bis 2043, mit 1.170 Flugzeug-Auslieferungen, mehr als verdoppeln.

Devisenknappheit und Protektionismus

Nigeria liefert ein besonders deutliches Beispiel dafür, wie die Probleme bei der Verfügbarkeit von Devisen den Markt für Fluggesellschaften stark beeinträchtigen können. Emirates kündigte im August 2022 die Aussetzung der Flüge in das Land an, da die Möglichkeit zur Rückführung von Geldern eingeschränkt war. Die Flüge finden inzwischen wieder täglich mit einer Boeing 777 statt, nachdem der nigerianische Präsident Bola Tinubu bei seinem Amtsantritt 2023 die Beilegung des Streits zu einer Priorität gemacht hatte. Die Höhe der blockierten Gelder in afrikanischen Ländern belief sich im Juni 2024 auf insgesamt 880 Millionen US-Dollar

Die Fluggesellschaften erwirtschaften den grössten Teil ihrer Einnahmen aus nationalen Währungen, zahlen aber größtenteils für Treibstoff, Ersatzteile, Flugzeugleasing, Flughafengebühren und Navigationsgebühren in US-Dollar. Dadurch sind sie den Auswirkungen von Währungsschwankungen stark ausgesetzt. Afrikanische Fluggesellschaften sind auch aufgrund der vorherrschenden makroökonomischen Faktoren, insbesondere der exorbitanten Zinssätze, der Inflation, anhaltenden diplomatischen und politischen Auseinandersetzungen und durch die oft ungünstige Haushaltspolitik nach wie vor in ihrer Entwicklung behindert. Ein wichtiger erster Schritt wäre die protektionistischen Regulierungen abzubauen.

Aufbruch in Sicht

2018 wurde der Grundstein zur Öffnung des afrikanischen Luftraums durch die Unterzeichnung des Abkommens zum afrikanischen Luftverkehrsbinnenmarkt SAATM (Single African Air Transport Market) gelegt. 23 Länder haben sich verpflichtet, einen kontinentalen Ansatz für die Liberalisierung des afrikanischen Marktes umzusetzen. Dies soll die Konnektivität erhöhen und die Stückkosten sowohl für die Fluggesellschaften als auch für die Passagiere reduzieren. Bis heute haben 34 afrikanische Länder unterschrieben, obwohl der Zeitplan für die vollständige Umsetzung von SAATM unklar bleibt.

Die African Airlines Association (AFRAA) hat optimistische Prognosen für den Luftfahrtsektor in Afrika abgegeben, wobei das Passagieraufkommen der afrikanischen Fluggesellschaften Ende 2024 voraussichtlich 98 Millionen betrug und damit 61 Prozent des Gesamtverkehrs in Afrika erreicht. Dies entspricht einem Anstieg von 15 Prozent im Vergleich zu 2023 und übertrifft leicht die Zahlen vor der Pandemie von 2019, als afrikanische Airlines 96 Millionen Passagiere beförderten. Was die Verkehrsverteilung betrifft, so entfallen 40,4 % des gesamten afrikanischen Verkehrs auf Nordafrika, gefolgt vom südlichen Afrika mit 20,5 %, West- und Zentralafrika mit 19,9 % und Ostafrika mit 19,2 %.

Gemäss einem Bericht von African Business mehren sich die Zeichen eines neuen Zeitalters im afrikanischen Luftverkehr. Ethiopian Airlines, die mit Abstand grösste Fluggesellschaft des Kontinents, hat sich in den letzten Jahren immer stärker entwickelt. Ethiopian hat massgebliche Beteiligungen an Fluggesellschaften wie Air Congo, Zambia Airways, Malawi Airlines und Togos ASKY Airlines. Im ersten Semester 2024 verzeichnete die Gesellschaft einen Anstieg der Passagierzahlen um 30 % und einen Umsatzanstieg von 20 %. Ethiopian zeigt nur wenige Anzeichen einer Verlangsamung. Die Flottengrösse und das Streckennetz bis 2035 sollten verdoppelt werden. Ethiopian hat 90 Flugzeuge bestellt – mehr als dreimal so viel wie jede andere afrikanische Fluggesellschaft.

Kenya Airways ist heute nur noch etwa ein Fünftel so gross wie Ethiopian, nachdem sie um die Jahrhundertwende fast gleich groß war. Heute scheint sich die kenianische Fluggesellschaft endlich von einer langen Phase finanzieller Schwierigkeiten zu erholen. Im Jahr 2023 wurde erstmals seit sieben Jahren wieder ein positives operatives Ergebnis erzielt – auch wenn es nach Abzug von Steuern und Schuldendienstzahlungen weiterhin defizitär bleibt.

Auch South African Airways – die während der Covid-19-Pandemie zusammenbrach – wurde teilweise mit einigem Erfolg wiederbelebt. Auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass das einst umfangreiche Streckennetz in absehbarer Zeit wieder aufleben wird, konnte SAA mehrere interkontinentale Verbindungen wiederbeleben. Darunter eine Strecke zwischen Johannesburg und Perth in Westaustralien, die im April 2024 eröffnet wurde. Die nigerianische Fluggesellschaft Air Peace hat unterdessen im März eine neue Direktverbindung zwischen Lagos und London eingeführt. Die Entwicklung sorgte für grosses Aufsehen, da es sich um eine der ersten neuen Interkontinentalstrecken handelte, die seit Jahrzehnten von einer nigerianischen Fluggesellschaft betrieben wird.

Daten des Luftfahrtmarktforschungsunternehmens IBA zeigen im zweiten Quartal 2024 einen Anstieg der Sitzplatzkapazität zwischen Afrika und Lateinamerika um 105 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Kapazität zwischen dem afrikanischen Kontinent und dem asiatisch-pazifischen Raum stieg um 38 Prozent. Fluggesellschaften aus dem Nahen Osten wie Emirates expandieren nach Afrika. Die Gesellschaft hat ihre Dienste auf fünf Codeshare- und 18 Interline-Partner auf über 210 regionale Punkte ausgeweitet. Die saudische Billigfluggesellschaft Flynas fliegt neu Entebbe und Djibouti an. Etihad Airways wird ihre afrikanischen Destinationen in 2025 auf acht verdoppeln und erhöht ihre Flüge von 39 auf 57 in der Woche. Qatar Airways investierte in die südafrikanische Airlink, erhöht die Frequenzen nach Südafrika und nahm neue Verbindungen nach Kinshasa und Angola ins Streckennetz auf. Airlink, welche 45 Destinationen in Afrika bedient, hat ihrerseits ein Codeshare-Abkommen mit Qantas abgeschlossen. Die australische Fluggesellschaft fliegt sechsmal wöchentlich mit A380 ab Sydney nach Johannesburg und plant auch Flüge ab Perth.

Erster Mega-Flughafen in Afrika geplant

Ethiopian Airlines will in der Nähe der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba ein Drehkreuz für Afrika bauen. Gemäss africa-business-guide beträgt das Projektvolumen rund sechs Milliarden US-Dollar. Der Flughafen soll im Endausbau eine Kapazität von 100 Millionen Passagieren pro Jahr haben. Mit vier Start- und Landebahnen sowie Stellplätzen für 270 Flugzeuge wäre der Flughafen dann der grösste Flughafen des Kontinents. Die Fertigstellung der ersten Phase mit einer Kapazität von 60 Millionen Passagieren ist bereits für das Jahr 2029 geplant.

Auch Ägypten treibt seinen Luftverkehrssektor mit dem laufenden Bau des Terminals 4 am internationalen Flughafen Kairo voran. Mit diesem Kapazitätsausbau für 30 Millionen Passagiere verdoppelt der Flughafen bis 2030 seine Kapazität. Marokkos Flughafen Casablanca wird bis 2029 von 15 Millionen auf 45 Millionen Passagiere ausgebaut, was eine Investition von 2,5 Milliarden US-Dollar erfordert. Weitere grössere Ausbauten sind in Nigeria, Ruanda, Uganda, Angola und Ghana geplant.

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