Ein Blick in die Zukunft: Wann werden Elektroflugzeuge alltäglich sein? Wo liegt das grösste CO2-Reduktionspotenzial?

Ein hybrid-elektrisches Antriebssystem verwendet eine Kombination aus einem SAF-Treibstoff gespiesenen Turbogenerator und Batteriepaketen, um die Elektromotoren des Flugzeugs anzutreiben. Die Turbogenerator-Leistung ist für den Reiseflug ausgelegt, während die Batterie die Leistung bei Start erhöht. Bild: Electro.aero

Serie zur Nachhaltigkeit im Luftverkehr – Teil 1/3: Elektroflugzeuge

Luftfahrt-Experten gehen davon aus, dass Elektroflugzeuge im Regionalverkehr Ende des nächsten Jahrzehnts zum Standard werden. Bis es soweit ist, muss sich die Batterie- und Brennstoffzellen-Technologie weiterentwickeln, die Zulassungsbestimmungen müssen noch geschaffen werden und die Finanzierungen dürfen nicht versiegen. Reichlich Hürden, wir stellen eine Reihe von Projekten vor.

von Peider Trippi,
29. Mai 2025

Elektroflugzeuge bieten die einzigartige Chance, die Luftfahrt zu revolutionieren, nachhaltiger und zugänglicher zu gestalten. Zwar bleiben Herausforderungen bestehen, doch der kontinuierliche technologische Fortschritt und das globale Engagement für Nachhaltigkeit deuten auf eine vielversprechende Zukunft hin.

Aufgrund des Leistung-Gewichtsverhältnisses von Batterien sind die Reichweiten von Elektroflugzeugen heute noch sehr beschränkt. Bereits zugelassene e-Flugzeuge beschränken sich deshalb auf ein- bis viersitzige Privat- und Schulungsflugzeuge. Schrittweise wird sich das Anwendungsgebiet auf 20-plätzige Commuter-Flugzeuge erweitern und im Laufe Ende der 2030er Jahre sind die ersten 30- bis 70-plätzigen Regionalflugzeuge zu erwarten.

Mit dem Fortschreiten der Batterietechnologie hin zu höheren Leistungswerten eröffnen sich schrittweise Anwendungen im kommerziellen Nahflugverkehr, beispielweise für Taxi-, VTOL- und Wasserflugzeuge. Festkörperbatterien gelten als der nächste grosse Meilenstein in der Batterieentwicklung. Eine höhere Energiedichte, Schnellladefähigkeit und einer intrinsischen Brandsicherheit zeichnen diese Batterien aus. Alles Aspekte, die in der Luftfahrt eine sehr hohe Bedeutung haben.

Rund ein Viertel der CO2-Emissionen im Luftverkehr erzeugen regional eingesetzte Airbus-, Boeing- und Embraer-Flugzeuge, die Strecken von bis zu 1500 km abdecken. Sie machen knapp Dreiviertel aller Flüge in Europa aus. Datenbasis: EUROCONTROL 2023, Graphik P. Trippi

CO2-Reduktionspotenzial

Im Bereich der Distanzen bis zu 500 Kilometer wird zunehmend die Eisenbahn durch den Einsatz von Hochgeschwindigkeitszügen attraktiver und das Flugpassagieraufkommen wird sich entsprechend reduzieren. Der hierbei relevante CO2-Ausstoss der Flugzeuge liegt jedoch nur bei 4 Prozent, d.h. die Substitution durch die Eisenbahn ist nicht wirklich massgeblich relevant für eine CO2-Reduktion in der gesamten Zivilluftfahrt. Bei Distanzen bis 1000 Kilometer, beispielsweise von Zürich nach Kopenhagen kann der Bahnverkehr schon einen höheren CO2-Reduktionsbeitrag leisten. Bahnreisen von 1000 bis zu 1500 Kilometer, beispielsweise nach Stockholm oder Edinburgh, haben kaum ein Potenzial das Flugzeug abzulösen.

Aufgrund dieser Betrachtungen haben Elektroflugzeuge mit Reichweiten von 500 bis 1500 Kilometer das grösste CO2-Reduktionspotenzial. Im heutigen Flugbetrieb werden in diesem Distanzbereich und bei hohem Passagieraufkommen vorwiegend Airbus 320 und 321 sowie Boeing 737 eingesetzt. Bis die Elektroluftfahrt in diesen Kapazitäts- und Reichweiten-Bereich tätig werden kann, wird es wohl noch 20 Jahre dauern. Einerseits wird die Batterietechnik aus Sicht Energiedichte (Leistung und Gewicht) noch wesentliche Fortschritte machen, anderseits wird ein Konzept mit Brennstoffzellensysteme über Flüssigwasserstofftanks zur Versorgung des Elektroantriebs alternativ im Fokus stehen.

Welche Hürden zum Elektro-Flugbetrieb sind noch zu überwinden?

Neben der eigentlichen Antriebs-Entwicklung sind noch weitere Faktoren für einen erfolgreichen Einsatz zeitbestimmend:

  • Regulatorische Herausforderungen: Die Zertifizierungsverfahren für Elektroflugzeuge und Brennstoffzellensysteme befinden sich noch im Aufbau bei den Regulierungsbehörden.
  • Die Flughäfen müssen mit leistungsfähigen Ladestationen für die Batterien ausgestattet werden, um einen reibungslosen Betrieb zu gewährleisten.
  • Damit geht einher, dass auch eine entsprechende Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen und deren Zuleitung aufgebaut werden muss.
  • Der Ladevorgang, sei es für Batterien oder Wasserstoff müssen innerhalb von den Turnaround-Zeiten bei einem Zwischenstopp liegen.
  • Für den Einsatz von Brennstoffzellensysteme ist ebenfalls die Herstellung, Infrastruktur, Lagerung und Verteilung von grünem Flüssigwasserstoff aufzubauen.
  • All dies muss auch finanziert werden. Da kurzfristige Gewinne nicht erwartet werden können, ist die Bereitschaft von Risikokapitalgebern gefragt.
  • Eine Service-Organisation und der Ersatzteilbereich müssen aufgebaut werden.

Daraus wird ersichtlich, dass nicht nur beim Flugzeug- und Antriebsbau, sondern auch in den notwenigen Umsystemen noch viel Entwicklungs-, Validierungs- und Zulassungsarbeiten zu leisten sind.

Flugzeughersteller im Überblick

Entwickler von Elektroflugzeugen sind heute aufgrund der aktuellen Antriebs- und Batterietechnologie noch auf kleinere Regionalflugzeuge beschränkt. Sie zielen daher zunächst auf entsprechende Märkte ab, die solche Flugzeuge wirtschaftlich betreiben können. Die direkten Betriebskosten eines elektrisch angetrieben Regionalflugzeugs werden durch Treibstoffeinsparungen und einer erheblichen Reduzierung der Wartungskosten 30 bis 50 Prozent niedriger sein als bei einem herkömmlichen Turboprop-Regionalflugzeug.

Verschiedene Unternehmen engagieren sich in den Antriebs-Umbau bestehender Flugzeuge. Anstelle von Flugbenzin in den Flügeln werden Batterien im Frachtraum eingebaut. Das hohe Gewicht reduziert die Nutzlast, anderseits ist ein Elektromotor leichter und billiger als ein entsprechender konventioneller Antrieb.

Die Ampaire Eco Caravan ist eine Cessna Grand Caravan des US-Herstellers Textron, die mit einem hybridelektrischen Antrieb ausgerüstet ist. Bild: Ampaire

Das 2016 gegründete US-start-up-Unternehmen Ampaire rüstet bestehende Passagierflugzeuge, darunter die Cessna Grand Caravan, auf Hybrid-Elektroantrieb um. Die Eco Caravan, ein neunsitziges Regionalflugzeug, das wahlweise den elektrischen Antrieb, den Verbrennungsmotor oder beide Technologien gleichzeitig nutzen kann. Der Elektromotor wird das Flugzeug beim Start und der Landung antreiben, im Reiseflug übernimmt das Kolbentriebwerk. Die operativen Betriebskosten sollen damit um 25 bis 40 Prozent tiefer liegen, der Treibstoffverbrauch und die CO2-Emissionen sollen bis zu 70 Prozent reduziert werden.

Neuentwicklungen

Die Entwicklung eines komplett neuen Flugzeuges ist ein zeit- und kostenintensives Unterfangen, dies schon im klassischen Flugzeugbau. Bei Elektroflugzeugen werden neue Innovationsfelder betreten seien dies Batteriesysteme, elektrische Versorgung, Antriebsysteme und Zulassungsbestimmungen.

Eviation Elektro-Frachtflugzeug in einer Designstudie in den DHL-Farben. Bild Eviation

Das US-Unternehmen Eviation konzipierte ein 9-Personen-Pendler-/Executive-/Frachtflugzeug, das von 2 650-kW-Propellermotoren angetrieben wird und eine Nutzlast von 1134 kg über 450 Kilometer befördern kann. Im September 2022 erfolgte der Erstflug eines Experimental-Flugzeuges. Für über 600 Flugzeuge erfolgten Kaufabsichtserklärungen von Kunden, so sollten bis 2027 zwölf Flugzeuge bis 2027 an DHL geliefert werden. Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Finanzierer und den zwei Gründern führten im Februar 2025 zu der sofortigen Einstellung der Aktivitäten und zur Entlassung eines Grossteils der Belegschaft. Ob und wann die Entwicklung nach dem «Startabbruch» wieder aufgenommen wird bleibt unklar.

Das 19-plätzige Flugzeug ERA soll ab 2028 in Betrieb gehen. Entwickelt wird es von Aura Aero in Süd-Frankreich, angetrieben wird es von acht 200 kW-Elektromotoren. Bild Aura Aero

Auf dem Flughafen Toulouse Francazal entwickelt und baut das Unternehmen Aura Aero erfolgreich zweisitzige Integral Schulungs- und Akrobatic-Elektroflugzeuge. Das Unternehmen plant den ersten Prototyp seines hybriden 19-plätzigen Regionalflugzeugs ERA 2027 fliegen zu lassen. Aura Aero vermeldet über bereits 500 Kaufabsichtserklärungen zu verfügen. Darunter 150 von JSX, eines Public Charter Carriers mit Sitz in Dallas (Betreiber von 75 Embraer 145) und bis zu 75 Flugzeuge vom US-Frachtbetreibers Alpine Air Express, der mit einer Flotte von Beech 1900 für Unternehmen wie Amazon, UPS und United States Postal Services fliegt.

Die in Malaysia ansässige AirAsia, die viertgrösste Fluggesellschaft Asiens, ist dem Industry Advisory Board von Heart Aerospace beigetreten, um die Zukunft der regionalen elektrischen Luftfahrt mitzugestalten. Bild: Heart Aerospace 

Das schwedische Unternehmen Heart Aerospace plant, dieses Jahr den ersten vollelektrischen Versuchsflug seines Demonstrationsflugzeugs Heart Experimental 1 (Heart X1) auf dem Plattsburgh International Airport im Bundesstaat New York durchzuführen. Das Unternehmen verfügt über eine Absichtserklärung von JSX für 50 ES-30, Investitionen von United Airlines und Air Canada sowie eine Use-Case-Projektpartnerschaft mit Air New Zealand. Diese und andere Fluggesellschaften wie KLM, Lufthansa und Air Asia sind auch in einem Branchenberatungsgremium vertreten, um Beiträge zum Design, zur Entwicklung und zur Vermarktung der ES-30 zu leisten. Das bisherige Konzept sieht vor, zwei Antriebe elektrisch und zwei bisherige Turboprop-Antriebe mit SAF-Treibstoff zu betreiben.

The AirCraft Company und das National Institute for Aviation Research der Wichita State University arbeiten bei der Entwicklung der SY30J Pangea 30 zusammen. Bild AirCraft Company

The AirCraft Company / USA arbeitet seit Jahren an ihrer Pangea-Familie von zwei Hybrid-Elektro-Regionalflugzeugen mit Platz für 30 beziehungsweise 52 Passagiere. Die Flugzeuge sollen über Elektromotoren und hybrid-elektrischen Antrieben verfügen, was Reichweiten zwischen 400 und 800 Kilometern ermöglichen soll. Die Pläne für das erste Modell, den 30-sitzigen SY30J mit 400 km Reichweite, stellte der Hersteller vor gut zwei Jahren vor, Entry Into Service (EIS) ist für 2029 geplant. Die englische start-up Airline Avooma Airlines plant zukünftig SY30J einzusetzen.

Ein im März 2025 veröffentlichte Computer-Graphik, die zeigt, wie das vollelektrische, wasserstoffbetriebene Flugzeug ZEROe von Airbus aussehen könnte. Es soll über vier 2-Megawatt-Elektroantriebe verfügen, die von zwei Brennstoffzellen-Einheiten energetisch gespiesen werden. Bild Airbus

Im Jahr 2023 erreichte Airbus mit der Demonstration eines 1.2-MW-Wasserstoff-Antriebssystems einen wichtigen Meilenstein. Aufbauend auf diesem Erfolg schloss das Unternehmen 2024 umfassende Tests einer integrierten Brennstoffzelleneinheit von Elektromotoren, Getrieben, Wechselrichtern und Wärmetauschern ab. Nach neusten Erkenntnissen verschiebt Airbus die für 2035 geplante Inbetriebnahme der 50 bis 80 Passagiere fassenden ZEROe um fünf bis 10 Jahre und kürzte den Finanzrahmen um einen Viertel. Als Grund werden vom Hersteller andere Prioritäten und die Herausforderungen bei der Entwicklung eines Wasserstoffsystems mit einem Tank, befüllt mit kryogenem Wasserstoff von minus 253 Grad Celsius, genannt. Weitere Faktoren sind verzögerte Wasserstoff-Infrastrukturen mit Herstellung, Lagerung und Verteilung sowie die noch ausstehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen. 

Das niederländische Startup Elysian entwickelt das vollelektrische Regionalflugzeug E9X mit einer Spannweite von 43 Meter und für eine Reichweite von 800 Kilometern. Bild Elysian

Elysian Aircraft, gegründet 2023, ist ein über Venture Capital finanziertes Unternehmen und konnte im Herbst 2024 weitere 10 Millionen Dollar aufnehmen. Das Unternehmen nutzt innovative Konzepte wie lastenoptimierte Spannweiten, eine Tiefdecker-Konfiguration und die Vorteile des verteilten Elektroantriebs. Elysian plant, innerhalb von zwei bis drei Jahren ein 1:1-Modell und bis 2030 einen Prototyp der 70 bis 90 plätzigen E9X zu bauen. Die Batterien werden in den Flügeln und nicht im Rumpf platziert und treiben acht elektrisch angetriebene Propeller an.

Zusammenfassung

Für kürzere Strecken werden batterieelektrische Flugzeuge kurzfristig die praktikabelste Lösung sein, wenn derzeit auch Gewichtsbeschränkungen ihre Reichweite einschränken. Der Wasserstoffantrieb durch Brennstoffzellen bietet Potenzial über mittlere Distanzen mit grösserer Nutzlastkapazität, obwohl die Infrastruktur noch vor erheblichen Herausforderungen steht. In der Zwischenzeit wird SAF weiterhin eine zunehmende Rolle für den Betrieb spielen, bis die elektrischen Antriebs-Technologien hinreichend ausgereift sind.

Auffallend in der Elektroflugszene ist, dass sich vor allem Start-up Unternehmen dem Thema annehmen. Während Designideen, theoretische Berechnungen, erste Finanzierungen und Kaufabsichtserklärungen die Entwicklung beflügeln wird es schon anspruchsvoller ein Prototyp in die Luft zu bringen. Diesen Meilenstein zu erreichen wird einigen Firmen gelingen, anderen nicht.

In der nächsten Finanzierungsrunde sind hunderte Millionen US-Dollar notwendig, um die Vorproduktions- und Zertifizierungsphase zu stemmen. Dies werden wohl nicht alle Projekte überleben. Sollte auch dies geschafft werden steht der Start der Produktion, der Vertriebsorganisation und des Servicebereichs an. Eine letzte, aber entscheidende finanzielle Hürde um dem Regionalelektroflugzeug zum Durchbruch zu verhelfen. Dass etablierte Flugzeughersteller wie Airbus eher zurückhaltend den Elektroantrieb angehen spricht für sich.

Fluggesellschaften, wie beispielsweise KLM, prüfen Finanzierungsmodelle und die Unterstützung von Investoren. Andere Airlines bringen sich aktiv in die Entwicklung ein. Die norwegische Regierung hat das formelle Ziel beschlossen, dass bis 2040 alle Inlandsflüge elektrisch sein sollen. Solche Statements werden die Chancen erhöhen, dass wir in 10 Jahren erstmals elektrisch angetriebene Regionalflugzeuge besteigen können und die Luftfahrt so ihren Beitrag zur CO2-Reduktion effektiv beitragen kann.

Fortsetzung der Beitragsreihe Nachhaltigkeit im Luftverkehr

Die Aussichten für den Mittelstreckenbereich von 1500 bis 3000 Kilometer wird auf Mobimag am 12. Juni publiziert. Die CO2-Reduktionen durch SAF im Langstreckenverkehr werden in einem dritten Beitrag am 26. Juni behandelt.

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