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Vor fast zwei Jahren musste das Zürcher Kulturhaus Kosmos an der SBB-Vorzeigeüberbauung Europaallee Konkurs anmelden. Noch immer hat die Bahn als Besitzerin nicht für alle Flächen Nachmieter gefunden. So schnell dürfte sich das nicht ändern, und auch das neue Kino brilliert noch nicht. Verlangt die SBB zu viel Geld?
von Stefan Ehrbar
9. September 2024
Es war ein abruptes Ende: Am 5. Dezember 2022 informierte ein Aushang die Gäste des Zürcher Kulturhaus Kosmos über dessen sofortiges Ende. Fünf Jahre zuvor war der Betrieb mit Kino, Klub, Restaurant und Buchhandlung mit viel Vorschusslorbeeren gestartet. Er war ein Aushängeschild der SBB-Überbauung Europaallee angrenzend an den Hauptbahnhof, wo die Bahn zuvor mit hohen Mietpreisen für Luxus-Wohnungen Schlagzeilen machte. Doch das Kosmos endete im Konkurs.
Die hohen Mietzinsforderungen der SBB dürften ihm nicht geholfen haben – und könnten mit ein Grund sein, weshalb die Bahn für die Suche nach einer Nachfolge länger braucht als ursprünglich kommuniziert. Zwar fand die SBB vergangenes Jahr mit der NZZ und ihrem Zurich Film Festival (ZFF) eine Betreiberin für die sechs Kinosäle. Den Plan, das Kino und den Gastronomiebetrieb an einen einzelnen Mieter zu vergeben, mussten sie aber schon damals begraben. Es seien keine Offerten eingegangen, die dies erlaubt hätten, teilte die Bahn im Mai 2023 mit.
Das Verfahren für die separate Vergabe der Gastronomiefläche startete im Juni 2023 neu. Einen Entscheid kündigte die SBB per Ende des dritten Quartales 2023 an. Doch auch ein Jahr danach kann die Bahn noch immer keinen definitiven Nachmieter für die Gastronomie präsentieren.
Übergangsweise vermietete die SBB die Fläche an das palästinensische Restaurant Khouris. Dieses schliesse «planmässig» im Januar 2025, sagt SBB-Sprecherin Fabienne Wittwer. Danach werde im Haus umgebaut: Die Fläche im 1. Obergeschoss, auf der das Kosmos eine Buchhandlung betrieb, wird räumlich vom Kino- und Restaurantbetrieb abgetrennt und danach separat vermietet.
Im Erdgeschoss geht es mit einer Zwischennutzung weiter. Ab dem Frühling 2025 werde auf der Fläche des Restaurants erneut ein zeitlich befristetes Pop-up-Konzept einziehen, so Wittwer. Dass die SBB auch fast zwei Jahre nach dem Kosmos-Konkurs noch mit keinem definitiven Mieter aufwarten kann, liege daran, dass sie sich «die notwendige Zeit für die sorgfältige Suche nach dem definitiven Mieter» nehmen würden.
Ein Selbstläufer ist die Fläche trotz der guten Lage im Ausgehviertel Langstrasse nicht. Zwar sind dort viele Menschen unterwegs, doch den Mietzins können und wollen sich offenbar nur wenige Betriebe leisten. Das Portal «Inside Paradeplatz» berichtete, dass die SBB vom Kosmos 1,5 Millionen Franken Jahresmiete verlangte, die Hälfte davon für die Gastronomie. Selbst die Migros, die mit ihrem Gastro- und Supermarktkonzept «Bridge» wenige Meter davon entfernt ebenfalls bei der SBB in der Europaallee eingemietet ist, könnte Schiffbruch erleiden. Ein Aus des Bridge ist auch wegen der hohen Mieten denkbar.
Das ZFF-Kino, das unter dem Namen Frame betrieben wird, dürfte ebenfalls kaum Gewinne abwerfen. Zahlen der Besitzerin NZZ zeigen, dass der Umsatz des Segments «übriger Nutzermarkt», zu dem das Kino gerechnet wird, im ersten Halbjahr lediglich 900’000 Franken höher war als in der Vorjahresperiode, als das Frame noch nicht enthalten war.
Selbst wenn das Frame alleine für die Umsatzsteigerung verantwortlich wäre, wäre es nicht überaus erfolgreich: Im vergangenen, nicht besonders starken, Kinojahr setzten Schweizer Kinos pro Saal durchschnittlich 310’000 Franken um, wie Zahlen des Bundes und des Verbands Pro Cinema zeigen.
Das Frame käme mit seinen sechs Sälen hochgerechnet aufs ganze Jahr höchstens auf 30’000 Franken pro Saal – und das an einer teuren Lage. Allerdings dürften die Zuschauerzahlen zuletzt zugenommen haben, und starke Kinomonate im Herbst und Winter sowie das Filmfestival folgen erst noch. Dennoch bezweifeln Branchenkenner, dass das Kino profitabel arbeitet. Ein neuer Gastromieter dürfte es einen Stock höher nicht einfacher haben.
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