Der Gotthard-Basistunnel ist wieder geöffnet – so fahren die Züge und darum drohen mehr Verspätungen

Die Reparaturarbeiten im Gotthard-Basistunnel sind abgeschlossen. Bild: SBB

Über ein Jahr nach der Entgleisung eines Güterzugs in der Weströhre können wieder alle Züge ins Tessin durch den Gotthard-Basistunnel fahren. Doch noch sind nicht alle Probleme behoben: So drohen etwa mehr verspätete Züge. Das müssen Sie jetzt wissen zu Ihrer Bahnreise in den Süden und zu künftigen Angebots-Ausbauten.

von Stefan Ehrbar
3. September 2024

Welchen Stellenwert der Gotthard-Basistunnel für die Schweizer Eisenbahn hat, zeigte die Prominenz, die sich gestern in Polleggio TI versammelte: Bundesrat Albert Rösti (SVP), SBB-Chef Vincent Ducrot und Regierungsräte feierten vor dem Tunnelportal die Wieder-Inbetriebnahme des längsten Eisenbahntunnels der Welt.

Nachdem am 10. August 2023 ein Güterzug in der Weströhre entgleist war und Schäden auf mehreren Kilometern Länge verursacht hatte, musste der Tunnel zunächst ganz gesperrt werden. Danach konnte die unbeschädigte Röhre zuerst für den Güterverkehr und später für einzelne Personenzüge freigegeben werden. Doch der Normalbetrieb konnte erst am Montagmorgen wieder aufgenommen werden – fast 13 Monate danach. Das ändert sich nun bei der Bahnreise in den Süden.

Was ändert sich bei Fahrten ins Tessin?

Weil die Intercity- und Eurocity-Züge nicht mehr über die Bergstrecke verkehren müssen, verkürzt sich die Reisezeit zwischen der Deutschschweiz und dem Tessin um 50 Minuten. Von Zürich nach Lugano dauert die Reise beispielsweise wieder 1 Stunde und 55 Minuten statt wie in den vergangenen Monaten mindestens 2 Stunden und 43 Minuten.

Zwischen Arth-Goldau und Lugano verkehren wieder alle 30 Minuten schnelle Züge durch den Gotthard-Basistunnel. Die meisten davon kommen aus Zürich, alle zwei Stunden verkehrt zudem ein Intercity- oder Eurocity-Zug aus Basel via Olten und Luzern ins Tessin oder weiter nach Italien und umgekehrt.

Was ändert sich bei Fahrten nach Italien?

Die Reisezeit nach Mailand verkürzt sich um eine Stunde. Von Zürich etwa dauert die Reise nun wieder 3 Stunden und 17 Minuten. Darüber hinaus verkehren auch die übrigen Eurocity-Züge wieder über Mailand. Konkret sind dies tägliche Eurocity-Züge zwischen Zürich und Bologna, zwischen Zürich und Genua sowie zwischen Zürich und Venedig respektive umgekehrt.

Zwischen Basel und Mailand verkehren wieder zwei tägliche Eurocity-Züge pro Richtung, wovon einer über Zürich geleitet wird. Bei dieser Verbindung handelt es sich um den trinationalen Eurocity zwischen Frankfurt und Mailand, der früher via Bern respektive in der Gegenrichtung via Luzern verkehrte. Bis 2027 wird dieser allerdings über Zürich fahren, ab dann soll er in beiden Richtungen via Luzern unterwegs sein. Zwischen Luzern und Mailand respektive umgekehrt wird seit Montag wieder eine tägliche Direktverbindung angeboten.

Was ändert sich mit dem Fahrplanwechsel im Dezember?

Seit Montag wird im Wesentlichen der Fahrplan gefahren, der schon Ende 2023 hätte eingeführt werden sollen. Weitere Neuerungen sind auf den Fahrplanwechsel am 15. Dezember geplant. So kommt es zu einer Verbesserung für Altdorf UR: Alle zwei Stunden hält neu der Intercity zwischen Zürich und Lugano im Urner Hauptort. Bisher hielt dort der Intercity zwischen Basel und Lugano, der ab Dezember durchfahren wird. Mit diesem Wechsel entspricht die SBB einem Wunsch der Urner Regierung, die sich für den Direktzug nach Zürich eingesetzt hatte.

Im nächsten Sommer müssen sich Reisende wegen verschiedener Bauarbeiten im Tessin auf einen speziellen Baufahrplan gefasst machen, der unter anderem zur Folge hat, dass in Lugano gewisse Anschlüsse nicht mehr funktionieren. Details dazu kommuniziert die SBB später. Die Massnahme gilt zwischen dem 21. Juni und dem 30. August 2025.

Was ändert sich in den kommenden Jahren?

Die SBB und die Deutsche Bahn (DB) wollen das grenzüberschreitende Angebot ausbauen. Einige der Verbindungen sollen bereits im Tessin oder in Italien starten respektive enden. Das zeigt ein Konzept, in das Mobimag Einblick nehmen konnte.

Ab 2027 soll täglich ein Eurocity von Lugano über Luzern und Basel nach Hamburg respektive umgekehrt verkehren. Ein zweiter Eurocity soll ab dann jeden Tag von Mailand via Lugano, Luzern und Basel nach Hamburg respektive umgekehrt fahren. Zudem ist ein täglicher Eurocity von Lugano via Luzern und Basel nach Frankfurt und in Gegenrichtung geplant. Zum Einsatz kommen dürften Züge des Typs Giruno von Stadler. Das Tessin und Luzern erhielten damit neue Direktverbindungen in viele deutsche Städte. Definitiv beschlossen ist allerdings noch nichts.

Zudem berichtete CH Media von Gesprächen der SBB mit der italienischen Bahn Trenitalia, in denen geprüft wird, ob künftig Direktzüge zwischen Zürich und Rom via Florenz verkehren könnten. Dies wäre frühestens ab Mitte 2026 möglich, weil Trenitalia ab dann ersten Kompositionen neuer Hochgeschwindigkeitszüge erhalten soll, die sowohl auf den italienischen Hochgeschwindigkeitsstrecken als auch in der Schweiz zugelassen sind. Beschlossen ist auch hier noch nichts.

Wieso steigt das Risiko von Verspätungen?

Der Gotthard-Basistunnel ist zwar wieder geflickt, doch niemand kann garantieren, dass es nicht wieder zu einer Entgleisung kommt. Um eine solche künftig möglichst rasch zu bemerken, will die SBB Entgleisungsdetektoren installieren. Bis diese eingebaut sind, wird aber die Geschwindigkeit im Bereich der Spurwechsel im Gotthard-Basistunnel auf maximal 160 Kilometer pro Stunde reduziert. So sollen im Fall einer Entgleisung die Schäden minimiert werden, indem entgegenkommende Züge rechtzeitig gestoppt werden können.

Dies führt dazu, dass die Fahrt durch den Gotthard-Basistunnel etwas länger dauert. Die Fahrpläne können nicht angepasst werden, weil sie auf Anschlüsse ausgerichtet sind. Grundsätzlich sind genügend Reserven eingeplant, damit die Züge trotzdem pünktlich verkehren können. Es wird aber schwieriger, bereits bestehende Verspätungen zu kompensieren und aufzulösen. Deshalb könnte es künftig zu etwas mehr verspäteten Zügen am Zielort kommen.

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