An den meisten Bahnhöfen lag die Zahl der Nutzer im letzten Jahr noch immer unter den Werten von 2023. Doch einige übertrafen die Vor-Corona-Werte schon wieder bei weitem, zeigen neue Zahlen der SBB. Regelrecht eingebrochen sind die Zahlen hingegen in Lausanne, was mit dem Grossumbau des Bahnhofs zu tun haben dürfte.
von Stefan Ehrbar
6. Mai 2024
Es sind nicht mehr Massnahmen zur Eindämmung des Virus, sondern tiefergreifende Verhaltensänderungen, die in den Bahnhöfen zu beobachten sind. Vielerorts lag die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer, die jeden Tag einen Bahnhof betreten, letztes Jahr nämlich noch immer deutlich tiefer als 2019. SBB-Chef Vincent Ducrot begründete das Anfang März an der Jahresmedienkonferenz damit, dass die Passagierzahlen in Regionen mit schon lange gut ausgebauten S-Bahn-Netzen sich tendenziell langsamer erholen, während anderswo wieder ein Aufwärtstrend zu verzeichnen sei.
Das dürfte auch daran liegen, dass in Regionen wie Zürich und Basel ein grosser Teil der Jobs sich auf Dienstleistungsberufe konzentriert, in denen weiterhin viel mehr Homeoffice gemacht wird als noch 2019. Dieser Trend dürfte weiter anhalten. Allerdings nimmt der Freizeitverkehr im ÖV überproportional zu, weshalb die Vorkrisenwerte dieses Jahr wohl in allen Regionen der Schweiz übertroffen werden dürften.
Von dieser Zunahme des Freizeitverkehrs profitierten auch einige wenige Bahnhöfe, wie die Auswertung der Nutzerzahlen für das Jahr 2023 durch Mobimag zeigt. Von 27 Bahnhöfen, für die Zahlen zur Verfügung stehen, wurden in sechs mehr Nutzerinnen und Nutzer gezählt. Diese Zahl entspricht nicht der Zahl der Ein- und Aussteiger, sondern beinhaltet auch Personen, die einen Bahnhof etwa nur fürs Shopping aufsuchen.
Am grössten war das Plus im Tessin: An den Bahnhöfen Lugano und Bellinzona wurden im vergangenen Jahr 15,4 respektive 6,7 Prozent mehr Nutzerinnen und Nutzer gezählt als noch 2019. Das dürfte einerseits an den vielen Ausflüglerinnen und Ausflüglern aus der Deutschschweiz liegen – zumindest vor dem Unterbruch des Gotthard-Basistunnels seit August letzten Jahres – andererseits aber auch am starken Ausbau des S-Bahn-Angebots im Tessin in den letzten Jahren.
Ebenfalls im Plus gegenüber 2019 waren letztes Jahr die Bahnhöfe Fribourg, Basel SBB, Chur und Winterthur. Im Fall von Basel dürfte das auch damit zu tun haben, dass die umfangreichen Bauarbeiten im Westflügel im Jahr 2021 abgeschlossen werden konnten und seit dann wieder ein grösseres Einkaufsangebot zur Verfügung steht. Basel dürfte aber auch vom starken Anstieg der Reisenden im internationalen Verkehr profitieren. In Chur wiederum dürfte der Freizeitverkehr eine wichtige Rolle spielen.
Der Bahnhof Lausanne auf der anderen Seite leidet unter dem jahrelangen Umbau, der sich noch bis 2037 hinziehen dürfte. Gegenüber 2019 resultierte ein Minus von 17,1 Prozent bei der Anzahl der Nutzerinnen und Nutzer – der stärkste Rückgang aller Bahnhöfe. Ebenfalls stark im Minus waren auch Luzern (-13,8%) und Zürich HB (-13,4%).
Diese Entwicklungen hatten Einfluss auf die Rangfolge: War Basel SBB im Jahr 2019 nach Anzahl der Nutzer noch der sechstgrösste Bahnhof, ist er nun auf Platz 5 vorgerückt. Winterthur machte ebenfalls einen Platz gut von Rang 7 auf Rang 6. Lausanne hingegen verlor zwei Plätze und ist nun auf Rang 7 statt vorher Rang 5.
Die Grafik zeigt, wie viele Nutzerinnen und Nutzer die Bahnhöfe durchschnittlich pro Tag im Jahr 2019 verzeichneten, wo sie im Jahr 2023 lagen und welche Entwicklung dazwischenliegt. Die Prozentzahl gibt die Veränderung der Nutzer zwischen 2019 und 2023 an.
Auf den vordersten Rängen bleibt die Rangliste gleich: Zürich HB liegt vor Bern, Genf und Luzern. Ebenfalls in die Top 10 schaffen es die Zürcher Stadtbahnhöfe Oerlikon und Stadelhofen sowie der Bahnhof St. Gallen.
Zum ersten Mal liegen Zahlen für die Bahnhöfe Zürich Altstetten und Genève Eaux-Vives vor, die sich auf den Rängen 13 und 27 wiederfinden.
In absoluten Zahlen am meisten zulegen bei der Zahl der durchschnittlichen Bahnhofsnutzerinnen und -nutzer pro Tag konnten zwischen 2019 und 2023 die Bahnhöfe Lugano und Basel SBB, die ein Plus von je 4000 Nutzern aufweisen. Es folgen Winterthur (+3000) sowie Bellinzona, Fribourg und Chur mit je +1000. Auf der anderen Seite der Skala verlor Zürich HB mit 62'000 Nutzerinnen und Nutzern pro Tag am meisten Boden, gefolgt von Bern (-33'000), Lausanne (-26'000), Luzern (-23000), Zürich Stadelhofen (-13'000) und Zug und Olten mit je -8000.
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