Turkish Airlines so stark wie seit Jahren nicht mehr, Billig-Airlines verschwinden: Formstand der Airlines am Flughafen Zürich

Nicht alle Airlines haben in Zürich gleich viel Glück. Bild: Jett Pongsakon / Unsplash

Ein Blick auf die Slotstatistik zeigt, welche Airlines am Flughafen Zürich derzeit am meisten zu kämpfen haben und welche sogar stärker sind als vor der Krise. Insgesamt sind im Sommer nur noch 17 Prozent weniger Bewegungen geplant als im Sommer vor der Coronakrise. Die Details in interaktiven Grafiken.

von Stefan Ehrbar
19. Juli 2022

Diesen Sommer ist am grössten Schweizer Flughafen in Zürich wieder vieles los. Das zeigt eine Auswertung der Slot-Statistik von Mobimag. Ein Slot entspricht einem Zeitfenster für eine Landung oder einen Start.

Airlines müssen vor jedem Flugplanwechsel bei der Slot Coordination Switzerland angeben, welche Slots sie möchten und erhalten diese dann je nach Verfügbarkeit zugeteilt. Diese Slots kosten Geld – und wer sie nicht regelmässig nutzt, verliert sie wieder. Sie erlauben darum einen guten Überblick über das Geschehen an den Flughäfen.

Die Analyse berücksichtigt alle Slots, die zu Beginn der jeweiligen Sommerflugpläne an die Airlines verteilt wurden. Nicht berücksichtigt sind Flüge von Privatjets.

Insgesamt sind diesen Sommer 4302 Slots pro Woche vergeben worden. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 waren es 2708, im Corona-Jahr 4092 und im Jahr 2019 vor der Krise 5169. Insgesamt sind dieses Jahr damit knapp 17 Prozent weniger Bewegungen eingeplant als vor der Krise. Doch während gewisse Airlines so viele Bewegungen verantworten wie noch kaum je zuvor, sind andere im Kriechgang. Das zeigt folgende Grafik. Oben links lässt sich die jeweilige Airline auswählen, die Balken zeigen die zugeteilten Slots zu Beginn des Sommerflugplans der jeweiligen Jahre. 

Ein genauer Blick auf die Statistik zeigt folgende Auffälligkeiten:

  • Die Swiss-Schwester Edelweiss profitiert von ihrem Fokus auf Ferienreisen: mit 402 Slots pro Woche kommt sie auf den höchsten Wert seit 2017. Die Nachfrage nach Ferienreisen ist dieses Jahr besonders stark, weil nach zwei Jahren der Coronakrise Nachholbedarf besteht.
  • Die Swiss hingegen mit einem stärkeren Fokus auf die Langstrecke und Business-Reisende ist mit 2'173 Slots deutlich schwächer als vor der Krise. Im Jahr 2018 waren es etwa über 2'700 Slots gewesen.
  • Auch die ebenfalls auf Ferien-Destinationen im Mittelmeerraum und den sogenannten Ethno-Verkehr vor allem in Richtung Ex-Jugoslawien spezialisierte Schweizer Airline Chair ist mit 141 Slots so stark wie nie. Chair ging aus der früheren Airline Germania hervor.
  • Dasselbe gilt für Turkish Airlines: Mit 84 Slots erreicht die Fluggesellschaft so viele wie in den letzten fünf Jahren nicht, was einerseits an den günstigen Preisen für Langstreckenflüge über den neuen Istanbuler Flughafen und andererseits dem Ferien- und Ethnoverkehr in Richtung Türkei zu verdanken sein dürfte.
  • Auch die Lufthansa hat wieder so viele Slots wie vor der Krise. Die Billigtochter Eurowings hingegen ist noch nicht auf dem Stand von 2019.
  • Ebenfalls deutlich unter dem Vorkrisenniveau ist Easyjet. Der Low-Cost-Anbieter steckt in einer Krise und musste zuletzt Hunderte Flüge wegen Personalmangel und IT-Problemen streichen. Die 56 Slots im Sommer sind nicht einmal halb so viele wie im Sommer 2019.
  • Zürich scheint sich generell zum harten Pflaster für Billig-Airlines zu entwickeln: Auch die spanische Vueling ist mit 48 Slots noch weit von den Vorkrisen entfernt (95 Slots im Jahr 2018).
  • Noch immer leicht unter dem Vorkrisenniveau sind die Airlines KLM, British Airways und Air France. Allerdings sind sie nicht mehr weit von diesem entfernt. 
  • Zu den Gewinnern gehört die US-Airline United, die täglich nach New York, San Francisco und Chicago fliegt. Letzterer Flug wurde dieses Jahr neu aufgenommen – und verschafft United mit 52 Slots pro Woche erstmals Einzug in die Top 10 der ausländischen Airlines. Nachdem die USA für hiesige Reisende die letzten zwei Jahre die Grenzen geschlossen hatte, scheint der Nachholbedarf nun gross zu sein.

Die weiterhin mit Abstand wichtigste Airline am Flughafen Zürich ist die Swiss, die dort ihren Hub betreibt – also das Zentrum ihrer Langstreckenflotte. Ihr Marktanteil beträgt diesen Sommer gemessen an den Slots 50,5 Prozent. Im Jahr 2020 waren es noch 54,1 Prozent gewesen, im Jahr 2019 53,6 Prozent.

Bei den übrigen Airlines zeigen sich keine allzu grossen Verschiebungen: Die Lufthansa hat in den letzten Jahren genauso wie Chair zugelegt, während die Airlines Austrian, Easyjet und Vueling Boden verloren haben.

In den nächsten Wochen wird Flughafen-Chef Stephan Widrig im exklusiven Mobimag-Interview Stellung zur Entwicklung am Flughafen nehmen.

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