
Die Menschen aus der Schweiz fliegen wieder so oft mit dem Flugzeug in die Ferien wie kaum je zuvor. Unter dieser Reiselust leidet nun der älteste Mieter des Flughafens Zürich. Die Motorfluggruppe Zürich hat all ihre Rundflüge aus dem Verkauf genommen. Ein Insider ärgert sich über das Verhalten des Flughafens.
von Stefan Ehrbar
11. Juni 2024
Die Schweiz ist ein Rundflugparadies. «Wohl nirgendwo sonst erleben Sie auf einem Flug so viel wie in unserem Alpenland. Abgelegene Bergdörfer, glitzernde Seen, das Jungfraumassiv oder das Matterhorn», schreibt die Motorfluggruppe Zürich (MFGZ) zu ihren Rundflügen ab dem Flughafen Zürich. Nur: Alle neuen Rundflüge wurden aus dem Verkauf genommen.
Auf ihrer Internetseite begründet die MFGZ das mit der «Situation am Flughafen Zürich». Für Kundinnen und Kunden, die bereits im Besitz eines Gutscheins oder Tickets seien, werden weiterhin Flüge durchgeführt, sagt Sprecherin Nicole Meier. Neue Flüge werden aber nicht mehr aufgelegt. Zu den Gründen gibt sich Meier zurückhaltend. Die MFGZ stehe im Austausch mit dem Flughafen und der Flugsicherung Skyguide, «um die Situation für die Kleinaviatik zu besprechen».
Wie Mobimag weiss, kam es in jüngerer Vergangenheit immer öfter vor, dass der Flughafen kurzfristig sogenannte Slotsperren für die Kleinaviatik verhängte, zu der auch die Rundflüge zählen. Ihnen ist es damit untersagt, am grössten Schweizer Flughafen zu starten und zu landen. Ein MFGZ-Mitglied, das anonym bleiben will, sagt, in den vergangenen Jahren seien die Slotzeiten immer stärker eingeschränkt worden. «Der Flughafen macht uns ständig klar, dass wir für ihn in erster Linie ein Störfaktor sind und er auch kein Interesse an Rundflügen hat.»
Oft würden die Slots vorsorglich wegen möglicher Wettereinschränkungen gestrichen. Es sei angesichts der Haltung des Flughafens nachvollziehbar, dass die MFGZ die Rundflüge nun streiche, damit wenigstens die Mitglieder ihre privaten Flüge durchführen könnten.
Der Flughafen bestätigt, dass es vermehrt zu Slotsperren für die Kleinaviatik kommt. «Slots werden am Flughafen immer knapper und im Rahmen der Prioritätenregelung ist die General Aviation nachrangig priorisiert», sagt Sprecherin Bettina Kunz. Darunter wird grob gesagt die zivile Luftfahrt mit Ausnahme des Linienverkehrs verstanden.
In Peak-Zeiten – wenn also die kommerziellen Airlines wie die Swiss, Lufthansa oder Easyjet besonders viele Flüge abwickeln – könne es zu Slotsperren für die Kleinfliegerei kommen, so Kunz. Ebenso sei das bei besonderen Wetterbedingungen der Fall, oft etwa bei Bise, die zum Leid der Fluggruppe besonders häufig bei schönem Wetter auftritt.
Der Flughafen sei in den letzten 75 Jahren zu einer «bedeutenden interkontinentalen Verkehrsdrehscheibe» herangewachsen und habe gleichzeitig eines der strengsten Nachtflugregimes in Europa. Die Priorität liege auf der Abwicklung des Linienverkehrs, sagt Kunz. Wenn daneben Rundflüge möglich seien, sei das «sicherlich zu begrüssen». Für die Leichtaviatik würden Restkapazitäten angeboten, «von denen jedoch immer weniger verfügbar sind».
Wenig Hoffnung auf eine Besserung der Lage macht auch die Flugsicherung Skyguide. Slots für die nach Sicht operierenden Kleinflugzeuge, die VFR-Flüge, würden zwar langfristig geplant, sagt Sprecher Vladi Barrosa. Skyguide schränke aber je nach Verkehrssituation und Wetterlage die Flüge weiter ein. Das geschehe üblicherweise am Vortag und könne dazu führen, dass Rundflüge abgesagt werden müssten.
«Wir verstehen, dass das für die Planung der MFGZ nicht zufriedenstellend ist», sagt er. Allerdings seien der zunehmende Verkehr und die Komplexität massgebliche Faktoren, und der Bund gebe vor, dass der VFR-Verkehr in Zürich die tiefste Priorität habe. Diese Situation werde sich «unter den geltenden Rahmenbedingungen nicht ändern».
Tatsächlich nimmt der Verkehr der kommerziellen Airlines am Flughafen Zürich wieder stark zu, womit für alle anderen weniger Platz bleibt. Die Corona-Delle ist beinahe überwunden: Per Dienstag wurden in Zürich nur noch 0,4 Prozent weniger Flüge abgefertigt als 2019 zur selben Zeit, wie Zahlen der europäischen Behörde Eurocontrol zeigen. Geht die Entwicklung so weiter, könnte diesen Sommer gar ein neuer Rekord bei der absoluten Anzahl der Flüge aufgestellt werden.
Die Rundflüge fallen also auch der Reiselust der Menschen zum Opfer. Dabei würden sie «vielen Leuten die Aviatik und auch den Flughafen aus einer einmaligen Perspektive näher bringen», sagt der MFGZ-Insider.
Der Frust sitzt aber auch deshalb tief, weil die Fluggruppe und den Flughafen eine lange Geschichte verbindet. Die 1928 gegründete MFGZ zügelte bereits 1949 und damit nur ein Jahr nach seiner Eröffnung auf den Flughafen Zürich. «Es ist ein Jammer, wie der Flughafen mit seinem ältesten Mieter umgeht», sagt der Insider. «Bei einer so historischen Partnerschaft würde man sich einen respektvolleren Umgang wünschen».
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