Plug-In-Hybride schneiden in Sachen Emissionen schlechter ab, als es die offiziellen Werte der Hersteller vermuten lassen. Doch wie gross ist das Problem? Neue Messungen aus verschiedenen Ländern, darunter der Schweiz, geben eine Antwort. Die Resultate sind vernichtend.
von Stefan Ehrbar
30. August 2022
Mit grossen Worten bewirbt der Autobauer Ford seine Plug-In-Hybrid-Modelle (PHEV). «Null Emissionen beim Fahren», heisst es etwa auf der Internetseite. «Ökologisch und ökonomisch unterwegs», schreibt die Amag-Gruppe zu ihren PHEV-Autos. «Lokales emissionsfreies Fahren» verspricht wiederum Opel.
Tatsächlich versprachen sich viele bei der Einführung der PHEV-Technologie nennenswerte Verbesserungen in Sachen Emissionen. Die Fahrzeuge, die eine Batterie mitführen, die elektrisch geladen werden kann, können mit dieser meist Dutzende Kilometer zurücklegen. Erst auf längeren Strecken braucht es den Verbrennermotor. So lautet zumindest die Theorie.
In der Praxis zeigte sich schnell, dass die PHEV-Modelle nicht halten, was sie versprechen. Das liegt weniger an der Technik, sondern am Fahrstil: Viele Fahrerinnen und Fahrer laden die Batterie etwa nicht immer nach und nutzen auch auf kurzen Strecken den Verbrenner. Durch die zusätzliche Batterie muss zudem mehr Gewicht mitgeführt werden. Eine letztes Jahr veröffentlichte Studie aus Deutschland kam bereits zum Schluss, dass PHEV-Autos eine fast doppelt so hohe Reichweite wie heute üblich haben müssten und sich ihre Nutzung deutlich ändern müsste, damit sie überhaupt einen Klimavorteil gegenüber einem normalen Auto mit Verbrennungsmotor aufweisen (Mobimag berichtete).
Nun liegen erstmals Daten vor, welche aufzeigen, wie Plug-In-Hybride in der Schweiz abschneiden. Erhoben wurden sie vom «International Council on Clean Transportation» (ICCT). Die Emissionswerte der PHEV-Fahrzeuge wurden sowohl nach dem früher verwendeten Messverfahren NEFZ als auch nach dem modernen, genaueren WLTP-Standard gemessen. Dieser ist seit letztem Jahr auch in der Schweiz offizieller Standard.
Die Resultate für den Schweizer PHEV-Fuhrpark sind vernichtend.
Für die Schweiz wurden Daten von 94 PHEV-Autos von 67 verschiedenen Modellen berücksichtigt, die für private Zwecke genutzt werden. Im Vergleich zu den offiziellen Verbrauchsangaben nach NEFZ konsumieren PHEV-Fahrzeuge hierzulande durchschnittlich über zweimal mehr so viel Treibstoff als angegeben und sorgen im Betrieb demnach auch für doppelt so viele Emissionen. Bei einzelnen Modellen weicht der Verbrauch gar um fast das Fünffache gegenüber den offiziellen Angaben ab.
Werden die offiziellen WLTP-Werte zum Vergleich genommen, sieht es noch schlimmer aus: Durchschnittlich 2,1 mal mehr Treibstoff konsumieren die hiesigen PHEV-Fahrzeuge, als es die Hersteller angeben. Ein Modell kommt gar auf das 5,5-fache. Für den Vergleich mit WLTP-Werten konnten nur 38 Autos berücksichtigt werden (gegenüber 94 im NEFZ-Vergleich). Das liegt daran, dass noch nicht für alle Modelle offizielle WLTP-Werte vorliegen.
Immerhin: Der Schweizer Fuhrpark kommt auf etwas bessere Werte als jener etwa in Österreich, Deutschland oder Belgien. Das könnte damit zusammenhängen, dass die Autos hierzulande häufiger für kurze Strecken genutzt werden, wo sie öfter elektrisch betrieben werden. Auch ist denkbar, dass PHEV-Autos hierzulande häufiger geladen werden. Im europäischen Durchschnitt verbrauchen PHEV-Autos 2,5-mal mehr Treibstoff als es die Hersteller behaupten (im NEFZ-Verfahren) respektive 2,9-mal mehr so viel (gemäss WLTP).
Dem Klima tut also keinen Gefallen, wer sich für ein PHEV-Fahrzeug entscheidet – im Gegenteil. In den meisten Fällen dürften Autofahrende mit einem klassischen Verbrenner sogar weniger Emissionen verantworten.
PHEV-Fahrzeuge können hingegen einen psychologischen Effekt haben. So sagte etwa GLP-Präsident Jürg Grossen letztes Jahr im Mobimag-Interview, die Plug-In-Hybride könnten den Umstieg zur Elektromobilität psychologisch erleichtern. «Aus meiner Sicht ist dieser Umweg jedoch nicht nötig», so Grossen.
Noch schlechter schneiden laut der ICCT-Studie PHEV-Autos ab, die als Geschäftsauto genutzt werden. Sie emittieren durchschnittlich in Europa fünfmal mehr CO2, als es die Hersteller angeben. Für die Schweiz lagen zu Geschäftsautos nicht genügend Daten vor.
Besorgniserregend ist auch der Trend: Die Schere zwischen Herstellerangaben und realen Werten hat sich in den letzten Jahren geöffnet, nicht geschlossen. Das könnte auch an immer grösser werdenden Fahrzeugen liegen. Es stellt sich aber auch die Frage, wie seriös die Hersteller ihre offiziellen Messungen durchführen.
Insgesamt bleibt das Fazit: PHEV-Fahrzeuge sind eine Übergangstechnologie, die vor einigen Jahren Sinn machte. Jetzt, wo genügend vollelektrisch betriebene Fahrzeuge als Alternative zur Verfügung stehen, haben sie aber ausgedient.
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