Klimawandel wird teuer, so kämpfte ÖV-Branche für harte Ticketkontrollen und Zweifel an Cargo Sous Terrain: Die Nachrichten der Woche

Ein beschädigtes Gleis vor Zermatt. Bild: BVZ Holding

Jeden Mittwoch wirft Mobimag einen Blick auf die wichtigsten Ereignisse in der Welt der Schweizer Mobilität der vergangenen Tage. Diese Woche mit der Alliance Swisspass, die sich gegen Kritik des Bundesamt für Verkehr an harten Ticketkontrollen erfolgreich zur Wehr setzte oder Zweifel an der Zukunft von Cargo Sous Terrain.

von Stefan Ehrbar
3. Juli 2024

Das bringt das inklusive ÖV-Ticket im Tourismus

Wer im Kanton Appenzell Innerrhoden mindestens drei Übernachtungen bucht, kann gratis mit dem öffentlichen Verkehr hin und zurück reisen. Dafür bezahlt die Tourismusorganisation gut 100’000 Franken an die SBB pro Jahr. Die Hochschule Luzern hat nun untersucht, inwiefern dieses Angebot wirkt. Gemäss Mitautor Kevin Blättler wäre rund ein Drittel der Personen, die vom Angebot Gebrauch gemacht haben, ansonsten mit dem Auto nach Innerrhoden gereist. Der Anteil Feriengäste mit mindestens drei Übernachtungen, die mit dem ÖV anreisen, habe um 10 bis 15 Prozentpunkte gesteigert werden können. Die Verlagerung sei signifikant. Freizeitreisende reagierten auf ein solches Angebot wahrscheinlich flexibler als bei ihrer alltäglichen Mobilität.

Limmattalbahn fährt wieder bis Altstetten

Die erst Ende 2022 eröffnete Limmattalbahn zwischen Zürich-Altstetten und Killwangen-Spreitenbach AG verkehrte in den vergangenen Wochen nur auf einem Teilabschnitt. Dies, weil zwei von acht Kompositionen wegen Kollisionen nicht zur Verfügung standen. Diese sechs Wochen andauernde Sperrung ist nun wieder Geschichte: Seit dem 1. Juli verkehrt die Bahn wieder auf der ganzen Länge. Ein betroffenes Fahrzeug habe in den vergangenen Wochen durch die Betreiberin Aargau Verkehr AG «aufwendig instand gesetzt und dem Betrieb übergeben werden», heisst es in einer Mitteilung. Das zweite Fahrzeug werde aber erst nach einer längeren Instandsetzung wieder einsatzbereit sein. In den nächsten Monaten würden den Behörden Massnahmenvorschläge präsentiert, um eine solche Häufung von Unfällen in Zukunft zu vermeiden.

Basel: Forderung nach Erhalt der Mehrfahrtenkarten

Der nationale ÖV-Branchenverband Alliance Swisspass hat Anfang Jahr entschieden, dass seine Mitglieder ab 2025 keine Infrastruktur für Mehrfahrtenkarten auf Papier mehr bereitstellen müssen. Ob sie diese weiterhin anbieten, ist ihnen überlassen. Der Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) hat bereits angekündigt, dass die Karten bis auf weiteres im Sortiment bleiben werden. Das verlangt nun auch die Basler SP-Präsidentin und Grossrätin Lisa Mathys. In einem Vorstoss fordert sie den Regierungsrat dazu auf, zu prüfen, inwiefern sichergestellt werden könne, dass der Tarifverbund Nordwestschweiz auch über 2025 hinaus Mehrfahrtenkarten «oder eine in der Handhabung ebenso einfache Ersatzlösung» anbiete. Es gehe dabei etwa um die Mobilität von Kindern, älteren Menschen oder solchen mit Beeinträchtigungen, die Stempelkarten als Erleichterung empfinden würden.

Wie die Branche harte Ticketkontrollen durchsetzte

Wer sein Check-in-Ticket auch nur ein paar Sekunden zu spät löst, kann gebüsst werden. Diese Regelung ist dem Bundesamt für Verkehr (BAV) ein Dorn im Auge. Es fordert mehr Kulanz: Wer nämlich ein Ticket lösen wolle, dies aber ein paar Sekunden zu spät tue – etwa aus technischen Gründen – habe keine Absicht, die Unternehmen des ÖV zu schädigen und könne deshalb nicht gebüsst werden, argumentiert das BAV. Interne Dokumente zeigen nun, dass sich die ÖV-Branche gegen diese Interpretation durchsetzen konnte. So berichtet der «Blick» über Sitzungen der Branche mit dem BAV. Am 17. Januar sei es zu einer «Kropfleerete» gekommen.  «In einer internen Gesprächsnotiz ist die Rede von Enttäuschung, schlechtem Stil beim BAV, von der Sorge, dass das Verhältnis unwiderruflich beschädigt worden sein könnte. Die ÖV-Vertreter klagen: Nach der BAV-Kritik seien zahlreiche Rückerstattungsanträge eingegangen, auch von Anwaltskanzleien.»

Klimawandel wird teuer für Verkehrs-Infrastruktur

Vor zwei Wochen hat ein Murgang Teile der Autobahn A13 im Misox zerstört. Unwetter haben in den Tagen darauf im ganzen Alpenraum Infrastruktur beschädigt, etwa auch die Bahnstrecke zwischen Täsch und Zermatt. Auf solche Ereignisse, die sich wegen dem Klimawandel häufen dürften, sei die Schweiz nicht vorbereitet, heisst es in einem Artikel der «NZZ am Sonntag». «s sind aber nicht nur plötzlich auftretende Naturereignisse, die der Schweizer Verkehrsinfrastruktur zusetzen, auch schleichende Prozesse wie höhere Temperaturen und häufigere Frostwechsel im Gebirge bereiten den Strassenbauingenieuren Sorgen. Die Abnutzung von Schienen und Strassen steigt umso mehr, je extremer das Wetter wird.» Der Klimawandel werde die Kosten für Instandhaltung und Anpassung der Infrastruktur in die Höhe schreiben. Schon in den nächsten Jahren könnten sie um 80 Millionen Franken pro Jahr steigen, bis zur Jahrhundertmitte um 200 Millionen Franken.

Cargo Sous Terrain vor dem Ende?

Das 35 Milliarden Franken teure Vorhaben einer unterirdischen Güterbahn Cargo Sous Terrain (CST) steht auf wackligen Füssen. Letzte Woche wurde bekannt, dass das Unternehmen derzeit ohne CEO dasteht und Mitarbeitende dasteht. Das, nachdem viele Kantone oder etwa die Stadt Zürich als Standort der ersten geplanten Hubs im Rahmen der Vernehmlassung des Bundes zu nötigen Gesetzesänderungen zum Teil vernichtende Kritik abgeben. Nun ist auch klar, dass der ursprüngliche Terminplan sich nicht halten lässt. Zudem hat die Migros als Gründungsmitglied bekannt gegeben, kein weiteres Geld einschiessen zu wollen. «Fachleute reden bereits vom Ende des Tunnels, der von Genf bis St. Gallen führen soll», schreibt die «NZZ am Sonntag» in einer Analyse.

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