Regionaler ÖV wird teurer, Benedikt Weibel antwortet Kritikern und Globetrotter-Chef kritisiert Billigflüge: Die Nachrichten der Woche

Der regionale ÖV wird ausgebaut – und teurer. Bild: Azzedine Rouichi/Unsplash

Jeden Mittwoch wirft Mobimag einen Blick auf die wichtigsten Ereignisse in der Welt der Schweizer Mobilität der vergangenen Tage. Diese Woche mit dem Verband für öffentlichen Verkehr, der bis 2035 mit 30 Prozent höheren Kosten für den regionalen ÖV rechnet, einem Gastbeitrag von Benedikt Weibel und Billigflug-Kritik von André Lüthi.

von Stefan Ehrbar
26. Juni 2024

Erstes Bikesharing-System im Aargau

Diesen Freitag wird in Aarau das erste Bikesharing-System im Kanton Aargau eröffnet. Das berichtet die «Aargauer Zeitung». Für den Betrieb und den Unterhalt des Netztes ist die PubliBike AG zuständig. Die Firma hatte den Zuschlag auf eine öffentliche Ausschreibung erhalten. Zunächst werden in Aarau 18 Stationen in Betrieb genommen. Das Netz soll während des fünfjährigen Pilotbetriebs laufend ausgebaut werden. Mindestens bei der Hälfte der Fahrzeuge soll es sich um E-Bikes handeln. Bis 2028 sind laut dem Artikel 25 Stationen und rund 200 Velos geplant. Das Projekt wird von «EnergieSchweiz für Gemeinden» mitfinanziert, daneben kommen Einnahmen von den Nutzern, der Werbung, der Stadt sowie von öffentlichen und privaten Unternehmen.

VöV rechnet mit hohen Mehrkosten

Die Kosten für den regionalen öffentlichen Personenverkehr (RPV) dürften bis ins Jahr 2035 um etwa 30 Prozent steigen. Diese Schätzung hat vergangene Woche der Verband öffentlicher Verkehr (VöV) veröffentlicht. Über steigende Billettpreise dürften Nutzerinnen und Nutzer zwar einen grossen Teil davon berappen: Doch auch die öffentliche Hand müsse die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sie jedes Jahr 2,5 bis 3,5 Prozent mehr für Abgeltungen aufwenden könne – zusätzlich der Teuerung. Einerseits planten die Behörden mit Angebotsausbauten, so der VöV. Andererseits würden diverse Kosten steigen, etwa für Energie, das Personal, Zinszahlungen oder die Cybersicherheit. Der öffentliche Verkehr sei für die Schweiz von «herausragendem Nutzen», sei in der Bevölkerung verankert und ein zentraler Faktor für die Attraktivität des Standorts.

Benedikt Weibel reagiert mit Gastbeitrag

Ex-SBB-Chef Benedikt Weibel, Ex-SOB-Chef Guido Schoch und Verkehrsplaner Philipp Morf kritisieren den laufenden Bahnausbau. Weibel hat diesen vor zwei Wochen als «konzeptlos und gesetzeswidrig» bezeichnet und ein Moratorium gefordert. Es liessen sich ohne Ausbauten 25 Prozent mehr Züge fahren, behauptet die Gruppe. Das brachte ihr Kritik von BAV-Chef Peter Füglistaler ein, der sagte, Weibel habe sich «völlig verrannt» (Mobimag berichtete). Darauf hat Weibel in einem Gastbeitrag in der «NZZ am Sonntag» reagiert. Dort schreibt er, die Gruppe habe die Ideen schon vergangenes Jahr der SBB und dem BAV vorgestellt. «Als Verfahren schlugen wir eine Testplanung gemäss SIA-Norm vor. In allen Gesprächen wies ich darauf hin, dass ich mich nach der Projektübergabe zurückziehen werde», so Weibel. «Alle haben positiv reagiert, alle fanden den Ansatz gut, alle signalisierten ein Interesse an einem Verfahren mit einer Testplanung. Vom Direktor des BAV hörte ich seither – bis zu seinem Interview in der «NZZ am Sonntag» vom letzten Wochenende – nie mehr etwas. Mit den SBB gingen die Gespräche bis Ende 2023 weiter. Seit diesem Jahr herrscht komplette Funkstille.»

Viel Unsicherheit an Haltestellen

Die Kantone Aargau, Baselland, Basel-Stadt und Solothurn haben im Herbst 2023 eine Umfrage zur Kundenzufriedenheit im öffentlichen Verkehr durchführen lassen. Insgesamt ist die Zufriedenheit der Kundinnen und Kunden in den vier Kantonen mit Werten zwischen 77 bis 78 von 100 relativ hoch. Doch einige Kriterien schneiden schlecht ab, berichtet die «bz basel». Das Sicherheitsgefühl am Tag werde mit 89 Punkten gut bewerbet, jenes in der Nacht mit 62 bis 65 Punkten aber nicht. «Vor allem an den Haltestellen fühlt sich ein erheblicher Teil der Fahrgäste unsicher», zitiert der Artikel eine Mitteilung. Die Befragten würden sich mehr Präsenz von Sicherheitspersonal wünschen. Das Sicherheitsgefühl habe sich gegenüber 2021 und 2019 «teilweise signifikant verschlechtert». Ebenfalls deutlich zurückgegangen sei die Zufriedenheit mit der Information im Störungsfall in beiden Basel.

Gemischtes Fazit zu neuer Gemeinde-Tageskarte

Seit diesem Jahr verkaufen Gemeinden in der Schweiz das Nachfolgerprodukt des Gemeinde-Tages-GA, die sogenannte Spartageskarte Gemeinde. Dieses neue Produkt der Alliance Swisspass hatte im Vorfeld für viel Kritik gesorgt, unter anderem, weil die Administration komplexer geworden sei. Längst nicht alle Gemeinden bieten die neue Gemeinde-Tageskarte deshalb an. Unter jenen, die es tun, sind die Erfahrungen gemischt. Wie die «Luzerner Zeitung» schreibt, spricht die Gemeinde Kriens von positiven Erfahrungen. Die Online-Plattform funktioniere sehr gut, die Nachfrage sei etwa gleich gross. Die Luzerner Tourist Information spricht ebenfalls von einer sehr positiven Bilanz. Die Nachfrage sei grösser als erwartet. Gesunken ist sie hingegen in Sursee. Auch Ebikon teilt mit, weniger Karten als früher zu verkaufen.

Globetrotter-Chef kritisiert Billigflüge

André Lüthi, der Chef des Reiseveranstalters Globetrotter, kritisiert in einem Interview mit dem «Blick» billige Flugtickets. «Ich kritisiere nicht die Menschen, die günstige Angebote annehmen, sondern unsere Industrie, die solche Angebote kreiert», sagt er. «Es muss alles in einer gesunden Relation sein. Für 30 Franken nach London fliegen – ist das Reisen zu solchen Preisen ein «Menschenrecht»? Für ein Auto oder ein tolles Bike muss man auch sparen. Wieso soll das beim Reisen anders sein? Wenn man auf etwas spart, freut man sich auch viel mehr darauf. Doch wenn man mit dem Sackgeld nach London fliegen kann, stimmt etwas nicht.» Wenn jemand den Flug nach Ägypten und eine Woche im Viersternehotel für 700 bis 900 Franken bekomme, stimme etwas nicht. «Entweder werden zum Beispiel die Mitarbeitenden vor Ort nicht anständig bezahlt, oder die Reiseveranstalter und Airlines müssen ihre überschüssigen Kontingente loswerden.»

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