Widerstand gegen Nachtzüge: Geht es trotzdem schon 2024 aus der Schweiz nach Rom und Barcelona?

So sieht es in den neuen Nachtzügen aus, die derzeit im Bau sind. Bild: ÖBB


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Bereits ab 2024 könnten neue Nachtzüge aus der Schweiz nach Italien und Spanien verkehren, kündigte SBB-Chef Vincent Ducrot kürzlich an. Gesetzt ist das noch nicht. Die Voraussetzungen dafür könnten im Winter geschaffen werden. Der Flughafen Zürich, die FDP und die SVP haben aber etwas dagegen.

von Stefan Ehrbar
18. Oktober 2022


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Fans von Nachtzügen dürften das «Blick»-Interview mit SBB-Chef Vincent Ducrot am 16. September mit Freuden zur Kenntnis genommen haben. Für 2024 oder 2025 stellte er dort neue Nachtzüge nach Spanien und Italien in Aussicht. In Italien seien die Trassenpreise zwar sehr hoch, sagte Ducrot. Doch trotzdem gab er sich für die Einführung der Nachtzüge nach Rom und Barcelona optimistisch.


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Diese Aussage erstaunt, hiess es doch vonseiten der SBB noch im Mai, wegen der Ablehnung des CO2-Gesetzes im Juni 2021 und der damit wegfallenden Möglichkeit der Subventionen für Nachtzüge ruhten diese Pläne. Eine Finanzierungslösung habe nicht gefunden werden können, sagte eine Sprecherin damals zu Mobimag

Dass die Nachtzüge nun doch kommen könnten, liegt daran, dass der Bundesrat bereits eine neue Fassung des CO2-Gesetz vorgelegt hat. Es kommt frühestens im Winter in den National- und Ständerat. Es sieht wieder eine Förderung der Nachtzüge vor. Doch es regt sich Widerstand, der die neuen Nachtzüge verhindern könnte.

Der Bundesrat schlägt dem Parlament vor, Finanzhilfen von jährlich 30 Millionen Franken für den Ausbau des internationalen Personenverkehrs auf der Schiene, insbesondere von Nachtzügen, zu gewähren. Diese sollen durch eine Zweckbindung von Versteigerungserlösen von Emissionsrechten für Luftfahrzeuge finanziert werden.

Doch genau diese Finanzierungslösung passt nicht allen. In der zu Ende gegangenen Vernehmlassung haben sich gewichtige Akteure dagegen ausgesprochen. Der Flughafen Zürich, der Flughafen Genf, aber auch die Firmen Lonza, Synhelion und Arxada AG sowie die Zürcher Handelskammer lehnen diesen Fördertatbestand rundweg ab. Heikel könnte es für den Passus werden, weil mit der FDP und SVP auch zwei Bundeshaus-Fraktionen den Vorschlag ablehnen, die zusammen im Nationalrat schon 84 von 200 Sitzen stellen.

Wie es im Bericht zur Vernehmlassung heisst, bemängeln zudem der Kanton Zürich, die FDP, die Synhelion, Vertreter der Luftfahrt – etwa von Aerosuisse und Aviationsuisse – sowie der Wirtschaft (u.a. Economiesuisse), dass die vorgeschlagene Finanzierungsform eine Quersubventionierung sei. Viele Kritiker wollen, dass diese Gelder nicht für Nachtzüge, sondern für die Verminderung von Emissionen im Luftverkehr eingesetzt werden. Das könnte etwa mit der Beschaffung von nachhaltigen Treibstoffen geschehen.

Der Kanton Zürich wiederum will beides: Er schlägt vor, die Nachtzüge stattdessen mit Mitteln aus dem allgemeinen Bundeshaushalt zu fördern. 

Wie viel und ob Geld schlussendlich für Nachtzüge reserviert wird, ist aber auch aus einem anderen Grund unsicher: Die Summe weckt weitere Begehrlichkeiten. Der Kanton Tessin und weitere Akteure wollen, dass mit den 30 Millionen Franken jährlich auch der Bus- und Schiffsverkehr gefördert wird, und die Kantone Basel-Stadt, Tessin, Neuenburg, Genf und Jura wollen damit auch den grenzüberschreitenden Regional- und Lokalverkehr unterstützen. Würden all diese Anträge vom Parlament unterstützt, könnte die zu verteilende Summe für die Nachtzüge am Schluss nicht mehr reichen, um Verbindungen nach Rom und Barcelona zu installieren. 

Die GLP und die Stadt Zürich wiederum fordern eine Fokussierung: Die Förderung soll auf Zugangebote beschränkt werden, die sich speziell als Ersatz von Flugreisen eignen. 

Dass schon 2024 neue Nachtzüge ab der Schweiz starten, ist angesichts der zum Teil stark auseinandergehenden Interessen und des Widerstands von FDP und SVP alles andere als klar. «Ob und wann es diese Nachtzuglinien geben wird, ist zurzeit offen», sagt denn auch SBB-Sprecherin Sabrina Schellenberg zu Mobimag. «Ein Ausbau hängt wesentlich davon ab, ob und wann das revidierte CO2-Gesetz angenommen wird bzw. in Kraft tritt und wie es inhaltlich ausgestaltet sein wird.»

Am Bekenntnis der Bahn, das Angebot im internationalen Personenverkehr auszubauen, habe sich nichts geändert. Die Pläne sehen laut Schellenberg vor, dereinst einen Nachtzug von Zürich via Bern, Brig und Domodossola nach Rom zu führen und einen weiteren von Zürich via Bern, Lausanne und Genf nach Barcelona. Diese Züge würden «aus Gründen der Effizienz» von den ÖBB beschafft, betrieben und gewartet.

Das neue CO2-Gesetz soll für die Periode von 2025 bis 2030 gelten. 


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