Die SBB legt ihre Nachtzüge nach Rom und Barcelona aufs Eis – werden sie von einem neuen CO2-Gesetz gerettet?

Es gibt gute Nachrichten für Nachtzüge. Bild: Simon Tartarotti / Unsplash

Die Ablehnung des CO2-Gesetzes hatte auch Folgen für die Nachtzug-Pläne der SBB. Denn die Möglichkeit zur Subventionierung fiel damit weg. Nun liegt ein neuer Gesetzes-Entwurf vor, der 30 Millionen Franken jährlich für Nachtverbindungen vorsieht. Welche neuen Nachtzüge lassen sich damit realisieren?

von Stefan Ehrbar
27. Dezember 2021

Der 13. Juni 2021 war ein schwarzer Tag für Schweizer Nachtzug-Enthusiasten. Die Stimmbevölkerung versenkte das CO2-Gesetz – und damit auch eine wichtige Finanzierungsquelle für neue Nachtzüge. Das Gesetz sah explizit eine Subventionierung solcher Verbindungen vor.

Das Nein hatte Folgen für die SBB. Der neue Nachtzug von Zürich nach Amsterdam wurde zwar auf den Fahrplanwechsel Mitte Dezember lanciert, doch die ebenfalls angekündigten Nachtzüge von Zürich über Bern nach Rom (ab Ende 2022) und von Zürich über Genf nach Barcelona (Ende 2024) wurden verschoben. «Sie kommen wohl etwas später. Diese Linien können wir nicht so effizient betreiben wie andere Nachtzüge», sagte SBB-Chef Vincent Ducrot noch Ende November zu CH Media. Und: «Ich habe gute Hoffnung, dass wir sie noch realisieren können, aber sicher nicht nächstes Jahr.»

Selbst dieser Optimismus ist aber mittlerweile verflogen.

«Nach dem Scheitern des CO2-Gesetzes wurden die Pläne, das bestehende Nachtzugangebot von sechs auf zehn Linien auszuweiten, gebremst, da wir nicht von den Mitteln des Klimafonds zur Finanzierung der defizitären Nachtzüge profitieren können», sagt SBB-Sprecherin Sabine Baumgartner zu Mobimag. «Für die Umsetzung der Nachtzüge nach Barcelona und Rom konnten wir bislang keine tragbare Finanzierungslösung finden. Diese Pläne ruhen daher im Moment.»

Nun keimt allerdings wieder Hoffnung auf. Vor zehn Tagen hat der Bundesrat die Vernehmlassung zum revidierten CO2-Gesetz für die Zeit von 2025 bis 2030 eröffnet. Instrumente, die zur Ablehnung der letzten Revision beigetragen haben, finden sich laut einer Mitteilung des Bundesrats nicht mehr drin. Damit dürfte er vor allem eine Ticketabgabe im Luftverkehr oder Verteuerungen des Benzinpreises meinen. Doch für die Nachtzüge gibt es eine gute Nachricht. Sie sollen in dieser Periode mit 30 Millionen Franken jährlich gefördert werden. Finanziert werden soll das aus den Erlösen der Versteigerung von Emissionsrechten für Luftfahrtzeugbetreiber. Die Swiss und Co. würden also neue Zugverbindungen bezahlen.

Konkret heisst es in der Botschaft zum vorgeschlagenen Gesetz:

«Im Umfang der Erlöse aus der Versteigerung von Emissionsrechten für Luftfahrzeugbetreiber – jedoch maximal mit 30 Millionen Franken pro Jahr – kann der Bund den Ausbau des Angebotes an grenzüberschreitendem Personenverkehr auf der Schiene befristet bis 2030 fördern. Dazu gehören auch Nachtzüge, die besser positioniert sind, um Flugreisen innerhalb von Europas zu substituieren. Kriterien für die Gewährung von Finanzhilfen sind die Dauerhaftigkeit der Angebote und die Verbesserung der Attraktivität für Reisende.»

Zwar ist es etwas unklar, wie der Bund darauf kommt, dass Nachtzüge besser als Tageszüge geeignet sind, dem Flugzeug Passagiere abzujagen – angesichts der um ein Vielfaches höheren Nachfrage auf Tageszügen scheint das zumindest fraglich. Es braucht aber Nachtzugfans nicht weiter zu stören.

Der jährliche Mittelbedarf hänge von den in den Gesuchen dargelegten Angeboten ab und richte sich an deren Auslastung aus, heisst es in der Botschaft. Eine realistische Abschätzung sei im heutigen Zeitpunkt auch wegen der Coronakrise noch nicht möglich. Das zeige sich plakativ an der neuen Nachtzugverbindung nach Amsterdam. «Der Business-Case der SBB ging von einem eher gut ausgelasteten Zug aus. Aufgrund der im November 2021 definierten Einreisebestimmungen wird das wohl nicht der Fall sein. Ob das Angebot zudem wie geplant gefahren wird, ist fraglich.»

Was heisst die vorgesehene Finanzierungsmöglichkeit nun für die zurückgestellten Nachtzüge? Werden sie doch noch eingeführt? Die SBB will sich noch nicht in die Karten blicken lassen. Die Bahn werde im Rahmen der Konsultation Stellung zum neuen Gesetz nehmen, sagt Sprecherin Sabine Baumgartner. «Wir begrüssen die vorgeschlagene Förderung des grenzüberschreitenden Personenfernverkehrs auf der Schiene einschliesslich Nachtzüge und werden allfällige Auswirkungen auf unser Angebot nun prüfen.»

«Die SBB ist überzeugt, dass das Bedürfnis nach nachhaltiger Mobilität als zentraler Trend über die Pandemie hinaus Bestand haben wird, insbesondere auch für internationale Reisen, wo ein grosses Verlagerungspotenzial zugunsten der klimafreundlichen und ressourcenschonenden Bahn vorhanden ist», sagt Baumgartner.

Mit 30 Millionen Franken pro Jahr könnten auch Nachtzüge nach Rom oder Barcelona wieder aus den roten Zahlen kommen. Für Nachtzugfans wäre das CO2-Gesetz auf jeden Fall so etwas wie ein Weihnachtsgeschenk – wenn es denn auch vor dem Parlament und allenfalls vor dem Volk besteht. Weil es aber sowieso erst ab 2025 gelten soll, dürfte eine Aufnahme der Verbindungen in den nächsten drei Jahren wohl kein Thema mehr sein.

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