«Macht die SBB beim Veloverlad nicht vorwärts, erhöhen wir den Druck» 🆓

Matthias Aebischer ist Berner SP-Nationalrat. Bild: Keystone

SP-Nationalrat Matthias Aebischer ist Präsident von Pro Velo Schweiz. Im Interview verrät der 53-Jährige, wieso sich die Velofahrer über die SBB ärgern, wieso die Linke bei der Swiss-Rettung «kläglich gescheitert» ist und wann er selber Auto fährt.

von Stefan Ehrbar
3. März 2021

Herr Aebischer, Sie sind Präsident von Pro Velo Schweiz. In der Coronakrise haben viele das Velofahren neu entdeckt. Wird das zu einem langfristigen Boom führen?
Es wurden in den letzten zehn Monaten so viele Velos verkauft und repariert wie noch nie in der Schweiz. Es liegt auf der Hand, dass diese Velos auch in Zukunft regelmässig gebraucht werden. In diesem Sinne darf man schon sagen, dass die Covid-Krise für die Sache des Velos sehr positive Auswirkungen hat.

Schweizer Städte gelten nicht eben als Vorbilder in Sachen Velofahren. Welche Stadt ist am velofreundlichsten – und was können die anderen von ihr lernen?
Pro Velo Schweiz eruiert regelmässig die velofreundlichsten Städte. Welche das sind, entscheiden die Velofahrer*innen selbst. 2018 war das bei den kleinen Städten Burgdorf, bei den mittelgrossen Chur und bei den grossen Städten Winterthur. Für mich persönliche auch sehr velofreundlich sind Basel und Bern. Genf und Zürich etwa müssen punkto Veloplanung und -infrastruktur meiner Ansicht nach noch etwas aufholen.

Vom Veloboom überrannt wurde auch die SBB. Deshalb führt sie eine Reservationspflicht auf Intercity-Zügen ein*. Was halten Sie davon?
Die Transportunternehmen wurden vom Parlament Mitte Mai 2020 dazu verpflichtet, die Mitnahme von Velos in Zügen und Bussen zu erleichtern. Gefordert wird unter anderem von der SBB, geeignete Voraussetzungen für den Transport von Fahrrädern in ihren Fahrzeugen zu schaffen. Was bisher geschah, ist genau das Gegenteil. Es wurde eine Reservationspflicht für 2 Franken eingeführt. Der Veloselbstverlad wird also komplizierter und teurer. Das letzte Wort ist hier aber noch nicht gesprochen. Wenn die SBB nicht bald vorwärts macht, dann werden die Politik und die Veloverbände den Druck massiv erhöhen.

Sind Sie diesbezüglich mit der SBB in Kontakt – und wenn ja, wie verlief dieser?
Es gibt einen runden Tisch mit verschiedenen Akteuren und der SBB-Spitze. Wenige Tage nach dem ersten Treffen schrieb ein findiger NZZ-Journalist dann, dass die Reservationspflicht bereits definitiv und kostenpflichtig sei. Die Stimmung bei den Velovertreter*innen war dann grad nicht mehr so gut.


Der Bund bürgt für Kredite für die Swiss und Edelweiss, ohne dafür verbindliche Klimaziele festgelegt zu haben. Sie haben sich im Rat für eine verbindliche Flottenerneuerung ausgesprochen. Müsste da nachgebessert werden?
Klar, die Linke wollte das, ähnlich wie in Frankreich. Doch wir sind kläglich gescheitert.

Der Flughafen-Zürich-Chef kritisiert das neue CO2-Gesetz. Die Erlöse würden nicht in die Beschaffung von nicht-fossilen Energieträgern eingesetzt. Was halten Sie von dieser Kritik?
Wenn ich Flughafen-Chef wäre würde ich auch das CO2-Gesetz kritisieren. Mir wäre dann auch jedes erdenkliche Argument recht.

Mit dem CO2-Gesetz können Nachtzüge gefördert werden. Soll das auch geschehen?
Ja klar. Städtereisen in Europa soll man wieder vermehrt mit dem Zug angehen – am Abend einsteigen und am Morgen ausgeschlafen am Zielort ankommen. Waren sie in letzter Zeit mit dem Railjet einmal in Wien? Einfacher geht’s nicht mehr.

Sie wohnen in Bern. Wie bewegen Sie sich in der Stadt fort?
Ich fahre ÖV und Velo. In letzter Zeit sehr oft mit dem Publibike. Dieser Service gefällt mir sehr.

Fahren Sie Auto und besitzen Sie eines?
Ich habe kein Auto, bin jedoch Mobility-Mitglied und benutze den Service durchschnittlich einmal pro Monat. Für die Ferien mieten wir ab und zu für zwei Wochen ein Auto.


Haben Autos in der Stadt der Zukunft noch einen Platz? 
Ja, das wird wohl so bleiben. Das Netz für die Autos wird aber in Zukunft sicher weniger engmaschig, so dass es für Velofahrer*innen und Fussgänger*innen sicher immer besser sein wird.

Matthias Aebischer auf Twitter: Link
Das Interview wurde schriftlich geführt.

* Die SBB hat angekündigt, dass die Mitnahme von Velos in Intercity-Zügen künftig nur noch mit einer kostenpflichtigen Reservation für 2 Franken erlaubt sein wird. Bisher war dies ohne vorgängige Reservation möglich. Im Gegenzug wird die Gebühr für die bisher freiwillige Reservation von 5 auf 2 Franken gesenkt. Mehr Informationen dazu in der Medienmitteilung der SBB.



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