Mybuxi-Chef und Lezzgo-Gründer Andreas Kronawitter: «Als erstes könnte man ÖV-Managern das GA wegnehmen» (Abo)

Andreas Kronawitter. Bild: zvg

Andreas Kronawitter gründete die Ticketing-App Lezzgo und steht hinter dem Fahrdienst mybuxi. Im Interview sagt er, warum der Schweiz eine Strategie bei der Mobilität fehlt, warum er selber «sehr faul» geworden ist und wieso er die ÖV-Branche für ihre «Blockadetaktik» kritisiert.

von Stefan Ehrbar
21. April 2021


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Herr Kronawitter, Sie sind der Gründer von mybuxi, einem Fahrdienst auf Verlangen im Kanton Bern. Gestartet haben sie das Projekt vor zwei Jahren. Wie lautet eine erste Zwischenbilanz?
Unser Ziel ist, bis Mitte des Jahrzehnts mit der Kombination von öV und mybuxi die gleiche «Erreichbarkeit» wie heute mit dem Privatauto anbieten zu können. Das ist ein langer Weg, und mit den Massnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie wurde er noch schwieriger. Die erste Zwischenbilanz: Wo wir vor Corona gestartet sind, haben wir etwa 25 Prozent Einbusse gegenüber dem Niveau vor Corona. Wo wir während Corona gestartet sind, ist es viel schwieriger, «in die Gänge zu kommen». Mehr als zufrieden machen uns aber die Nachfragen von Gemeinden und Regionen zu einer Einführung von mybuxi. Wir kommen aktuell nicht nach, alle Anfragen fristgerecht zu beantworten.

Nun stellen sie ihr Angebot in Ostermundigen ein, weil zu wenige Fahrgäste gezählt wurden. Worauf führen sie das zurück? Welchen Anteil hat Corona?
Wir haben fünf sehr unterschiedliche Regionen für die Pilotphase gewählt, um herauszufinden, welche für ein solches Angebot geeignet sind, und welche nicht. Die Einschränkungen der Mobilität durch die Corona-Massnahmen haben sicher einen Anteil, der je nach Region unterschiedlich ausfällt. In Herzogenbuchsee und im Emmental hatten die Lockdown-Massnahmen ab Januar keinen messbaren Effekt, in Ostermundigen – Stettlen – Bolligen halbierte sich die Nutzung, vor allem wohl durch das Homeoffice.

Gibt es auch andere Gründe?
In unserer Umfrage und in den direkten Rückmeldungen wird oft bemängelt, dass wir das Wankdorf nicht anfahren, wo neben der optimalen öV-Anbindungen sehr viele Services und Einkaufsmöglichkeiten angesiedelt sind. Unser Gebietszuschnitt ist nicht auf diese Bedürfnisse angepasst. Ein anderer Grund liegt wohl darin, dass die Dichte von Privatautos in Bolligen und Stettlen sehr hoch ist – das sieht man dann an sonnigen Tagen an den Parkplätzen am Bantiger. Was uns erstaunt hat: sehr wenige innovative Köpfe haben das mybuxi hier tatsächlich ausprobiert, und auch bekannte Gesichter der Region sahen wir wenig. Aus Ortsteilen, die gut vernehmbar nach einer Verbesserung des öffentlichen Verkehrs rufen, kam dann keine Nachfrage. Entweder führte Corona dazu, dass die Lust am Ausprobieren in dieser Region sehr gedämpft wurde, oder der theoretische Wunsch nach besseren Anbindungen ist grösser als das reale Bedürfnis.

Können Sie im Zug der Coronakrise auf Unterstützungsgelder der öffentlichen Hand zählen?
Nein, wir erhalten keine Unterstützungsgelder im Zuge der Coronakrise. Wir wurden für den Aufbau der ersten drei Perimeter von der Koordinationsstelle für nachhaltige Mobilität (KOMO, Energie Schweiz) und auch etwas vom Kanton Bern gefördert, durften diese Gelder aber nicht für den Betrieb einsetzen, insbesondere dann nicht, wenn abgeltungsberechtigte Linien des öffentlichen Verkehrs konkurrenziert werden könnten. Als Startup mit einem – aktuell zwar kleinen – Wachstum fallen wir auch durch das Raster der Härtefallregelung. Wir mussten daher bereits Mitarbeiter entlassen. Das waren bisher fünf Personen. Wenn ich denke, dass diese nun zum Arbeitsamt müssen, hätten sie bis zum Ende der Krise auch dafür finanziert werden können, dass sie bei uns weiterarbeiten. Aber natürlich sind das verschiedene Kassen und staatliche Systeme sind nicht so flexibel.

Wäre eine finanzielle Unterstützung wünschenswert?
Für die Corona-Auswirkungen wäre eine Unterstützung natürlich wünschenswert gewesen – oder ist es immer noch, Corona ist ja noch für längere Zeit nicht vorbei.

In welchen Räumen der Schweiz sehen Sie Potenzial für ein Angebot wie mybuxi?


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