Die Geschäftsreisenden wollen nicht mehr fliegen: Darum sind Schweizer Flughäfen weiterhin unter dem 2019er-Niveau

Noch nicht so viel los wie 2019: Der Flughafen Zürich. Bild: Joergelman/Pixabay

Auch in diesem Jahr dürften die Schweizer Flughäfen nicht so viele Passagiere abfertigen wie im Rekordjahr 2019, trotz Bevölkerungswachstum und steigender Mobilität. Denn während Freizeitreisende so viel fliegen wie nie, kommen viele Geschäftskunden nicht zurück. Was bedeutet das für die finanzielle Lage der Airports?

von Stefan Ehrbar
19. August 2024

Im Jahr 2019 flogen so viele Menschen ab dem Flughafen Zürich wie noch nie. Seither ist die Bevölkerung in der Schweiz um einige Prozent gewachsen und ihr Mobilitätsbedürfnis hat weiter zugenommen. In den Eisenbahnen wurden beispielsweise im zweiten Quartal über 8 Prozent mehr Personenkilometer verzeichnet als noch in derselben Periode im Jahr 2019.

An den Flughäfen sieht das allerdings anders aus. In Sachen Passagierzahlen kam der Flughafen Zürich im Juni dieses Jahres auf einen Wert von 97,2 Prozent der Passagiere von 2019. In Genf betrug dieser Wert 96,4 Prozent, in Basel 92,7 Prozent.

Zwar gab es zuletzt vereinzelte Monate, in denen die Vorkrisenwerte wieder erreicht oder übetroffen wurden, allerdings traditionell eher verkehrsarme. Neue Rekorde in Sachen Passagierzahlen dürften dieses Jahr nicht aufgestellt werden, sondern frühestens 2025. Die Luftfahrt hat also in Sachen Wachstum so gesehen sechs Jahre verloren. Woran liegt das?

Die Antwort: an den Geschäftsreisenden. Bei vielen Firmen hat spätestens mit der Coronakrise definitiv ein Umdenken eingesetzt. Viele ersetzen physische Treffen durch Videokonferenzen, andere haben im Sinne von Nachhaltigkeitszielen neue Regeln aufgestellt, etwa, dass viele Fahrten innerhalb von Europa mit dem Zug zurückgelegt werden müssen.

Bei der Swiss, wo Geschäftsreisende traditionell wichtig sind, dürfte der Rückgang gegenüber 2019 im Moment etwa 20 bis 30 Prozent betragen, wie ein Insider sagt. Zwar wird diese Lücke in den Ferienmonaten beinahe gefüllt, weil Menschen in ihrer Freizeit wieder mehr fliegen und sich dabei auch oft ein teureres Business-Class-Ticket leisten. Doch in der Nebensaison fehlt dieser Effekt.

Die Swiss-Mutter Lufthansa hat wegen dieser «strukturellen Veränderungen» ein Sparprogramm bei ihrer Kernmarke aufgesetzt. Sie will künftig besser auf saisonale Schwankungen reagieren können. Die Swiss fliegt zwar weiterhin schöne Gewinne ein, ist aber in Sachen Kapazität ebenfalls noch nicht auf dem Vorkrisenniveau.

Zumindest die Flughäfen dürften aber finanziell ohne grösseren Einbussen davon kommen. Sie haben einerseits die Coronakrise genutzt, um sich schlanker aufzustellen und andererseits in den vergangenen Jahren diversifiziert. Das gilt insbesondere für den Flughafen Zürich, der die Überbauung Circle in Betrieb genommen hat und derzeit sein Shopping-Angebot ausweitet. Dieses wird auch von vielen Menschen genutzt, die nicht fliegen.

Das zeigt sich auch in den Zahlen: Im ersten Halbjahr wurden in Zürich 297,8 Millionen Franken Umsatz in den Läden und Restaurants erzielt. Im ersten Halbjahr im Jahr 2019 waren es noch 286,3 Millionen Franken gewesen. Wenn es auch keinen Passagierrekord geben wird, so ist ein Umsatzrekord für dieses Jahr am grössten Schweizer Flughafen doch realistisch.

Schreiben Sie einen Kommentar

Diesen Artikel kommentieren