In den nächsten Jahren wird der Zugverkehr nach Deutschland weiter ausgebaut. Die Giruno-Züge von Stadler könnten bald bis Hamburg fahren. Die klassischen Eurocity-Züge verschwinden dafür – und eine einmalige ICE-Verbindung ebenfalls.
von Stefan Ehrbar
7. Mai 2021
Deutschland setzt sich ein ehrgeiziges Ziel: Bis 2030 soll sich die Zahl der Eisenbahn-Passagiere verdoppeln. Das Instrument, mit dem dieses Vorhaben umgesetzt werden soll, heisst «Deutschlandtakt». Dieser integrale Taktfahrplan soll in Etappen in den nächsten Jahren umgesetzt werden. Schon ab 2025 sollen in den grössten Städten immer um dieselbe Zeit Fernverkehrszüge ankommen. Ab der zweiten Hälfte des Jahrzehnts will Deutschland drei Milliarden Euro jährlich in den benötigten Infrastrukturausbau stecken, gegen Ende des Jahrzehnts sollen es 4 Milliarden Euro jährlich sein. Schon für das Jahr 2023 wurden die Haushaltsmittel von heute 1,5 Milliarden Euro auf 2,0 Milliarden Euro erhöht.
Verschiedene Planer, darunter das Schweizer Büro SMA, haben ein Konzept für den Deutschlandtakt entwickelt, das die Grundlage für die Infrastrukturausbauten darstellt. In einer Mitteilung vom letzten Jahr schreiben die SBB und die DB, das Bahnangebot zwischen Deutschland und der Schweiz werde damit weiter ausgebaut. Voraussichtlich ab dem Fahrplan 2026 werde die Zahl der Direktverbindungen zwischen der Schweiz und Deutschland über die Rheintalbahn und den Grenzübergang Basel von 26 auf 35 tägliche Verbindungen erhöht. Die Reisezeit zwischen Frankfurt und Zürich werde zudem um 20 Minuten auf 3 Stunden und 40 Minuten reduziert.
Neu seien etwa zwei Direktverbindungen von Hamburg über Basel nach Lugano. Auf dieser Linie würden Giruno-Züge von Stadler in den Einsatz kommen, welche künftig auch nach Mailand fahren könnten. «Die Planungen für direkte Verbindungen von Hamburg nach Mailand sind schon fortgeschritten», sagte Enak Ferlemann, Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, kürzlich in einem Interview.
Weiter heisst es, es würden neue Direktverbindungen von Deutschland über Bern in das Wallis geschaffen. Auch bestehe die Möglichkeit neuer Direktverbindungen nach Chur, und dank dem Einsatz der ICE 4 auf der Linie Dortmund-Köln-Basel gebe es neue Direktverbindungen aus Nordrhein-Westfalen in die Schweiz.
Mobimag hat sich bei der Deutschen Bahn (DB) und der SBB zum Stand der Planungen und zum künftigen Angebot zwischen Deutschland und der Schweiz erkundigt. Diese Änderungen zeichnen sich ab:
- Mittelfristig – voraussichtlich ab Ende 2025 – entfällt der ICE 254 von Basel SBB über Mannheim, Frankfurt Flughafen und Köln nach Amsterdam. Er ist im neuen Konzept nicht mehr aufgelistet. Bei der Deutschen Bahn heisst es, man sei noch im laufenden Planungs- und Abstimmungsprozess und könne sich dazu noch nicht äussern.
- Ebenfalls ab Ende 2025 verschwinden die Eurocity 6 bis 9 (Interlaken Ost/Zürich – Köln – Dortmund – Hamburg Altona) mit den klassischen Wagenzügen. Stattdessen werden auf den Verbindungen nach Deutschland fast nur noch ICE- und Giruno-Züge eingesetzt. Das bestätigt ein DB-Sprecher. «Reisende der heutigen Eurocity-Verbindungen werden von den künftigen, neu geordneten Verbindungen ebenfalls profitieren», sagt er.
- Giruno-Züge von Stadler dürften künftig häufiger über die Schweiz hinaus nach Frankfurt und voraussichtlich dreimal täglich nach Hamburg verkehren. Zwischen Basel und Hamburg dürfte es künftig einen Zweistundentakt geben. Wie die Züge in der Schweiz durchgebunden werden, ist noch nicht entschieden. Voraussichtlich werden die EC 6/7 von Interlaken nach Hamburg mit einem ICE Interlaken/Brig – Köln – Hamburg ersetzt und die EC 8/9 von Zürich nach Hamburg mit einem ICE Chur-Köln-Hamburg. Offiziell heisst es von Seiten DB, dass «im Moment verschiedene Varianten mit den betroffenen Bahnen diskutiert werden».
- Etwas später sollen die Intercity-Züge von Zürich nach Stuttgart auch in Zürich-Oerlikon halten. Das ist für den Horizont 2035 angedacht, wie die SBB bestätigt. Diese Idee könnte aber auch schon früher umgesetzt werden. Eine Verlängerung der Züge nach Nürnberg und Leipzig, wie sie in den deutschen Plänen ersichtlich ist, sei hingegen «aktuell nicht geplant», heisst es bei der SBB. Weniger sicher ist sich diesbezüglich die DB: Man könne dazu noch nichts sagen, heisst es nur.
Schon ab Ende dieses Jahres können zudem Reisende zwischen Zürich und München mit einer Verbesserung rechnen. Die Fahrzeit soll um weitere 30 Minuten auf 3h 30 Minuten reduziert werden. Die SBB rechnet damit, diese Verkürzung umsetzen zu können.
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