Hat Reiner Eichenberger recht? Seine Thesen im Faktencheck 🆓

Wirtschaftsprofessor Reiner Eichenberger. Bild: Uni Fribourg

Der Freiburger Wirtschaftsprofessor Reiner Eichenberger behauptet: Velofahren kostet die Allgemeinheit mehr als das Autofahren, das Velo ersetze keine Autofahrten und der Ă–V mĂĽsste viel teurer sein. Stimmt das? Mobimag hat den Faktencheck gemacht.

von Stefan Ehrbar
9. August 2021


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Der streitbare Wirtschaftsprofessor Reiner Eichenberger von der Universität Freiburg hat mit einem Gastbeitrag in der NZZ und einem grösseren Interview in der «Sonntagszeitung» für Diskussionen gesorgt. Er behauptet: Die Kosten des Verkehrs werden falsch berechnet. Was ist da dran? Mobimag macht den Faktencheck – und hat Eichenberger eingeladen, seine Thesen zu begründen. Das sind seine Antworten.

These 1: «Es wird angenommen, der Schienenverkehr belaste Luft und Klima kaum, weil der verwendete Strom aus Wasserkraft stamme. Das ist falsch, denn dieser Strom könnte ja auch anderweitig verwendet werden und dort dreckigen Strom ersetzen» (NZZ, 9. März 2021).

Check: Mit dieser Argumentation kann alles, was elektrisch betrieben wird, als klimaschädlich abgetan werden – etwa Elektroautos, aber auch Toaster, Laptops oder Waschmaschinen. Beim Schienenverkehr kommt hinzu: Die SBB fährt heute mit 90 Prozent Anteil Wasserkraft und 10 Prozent Atomstrom. Die Mehrheit des Stroms kommt aus Wasserkraftwerken, die der SBB selbst gehören. Das können die wenigsten anderen Anbieter von elektrisch betriebenen Geräten von sich behaupten.


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Das sagt Reiner Eichenberger: Ökobilanzen und Kosten-Nutzen-Analysen sollten die Opportunitätskosten berücksichtigen, also dass eingesetzte knappen Ressourcen nicht mehr für anderes verwenden werden können. Das gilt für die Budgetschäden des ÖV (die öffentlichen Mittel können nicht mehr anderweitig eingesetzt werden), und es gilt für seine Umweltschäden (der Strom kann nicht mehr anderweitig eingesetzt werden). Opportunitätskosten entstehen unabhängig davon, wie und von wem der verbrauchte Strom produziert wurde. Denn wenn der Strom ins Netz eingespeist statt für den ÖV verbraucht würde, würden automatisch andere Kraftwerke die Produktion zurückfahren und die Umwelt weniger belasten. Für vernünftige Ökobilanzen muss man also entscheiden, mit welchem Strom gerechnet werden soll: Nur Strom aus der Schweiz oder aus dem europäischen Netz? Dem Durchschnittsmix oder den Kraftwerken, die die Produktion reduzieren würden, zumeist also Gas- und Kohlekraftwerke? So oder so wären die Umweltkosten des ÖV noch weit höher als heute ausgewiesen.


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These 2: «FĂĽr eine kluge Verkehrspolitik zählt nicht die Summe der externen Kosten, sondern es zählen die externen Kosten pro Personen- und Tonnenkilometer. […] Die externen Kosten pro Personenkilometer betragen fĂĽr den privaten Verkehr auf der Strasse 7,3 Rappen und in der Luft 2,5 Rappen. FĂĽr den Ă–V auf der Schiene betragen sie 24,5 Rappen und mit Bus und Tram 50,1 Rappen. Und fĂĽr den Veloverkehr betragen sie wenigstens 22 Rappen (inklusive Gesundheitsnutzen durch sportliche Betätigung und Infrastrukturkosten).» (NZZ, 9. März 2021)

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