Cargo Sous Terrain macht vorwärts: «Wir nehmen jede einzelne Hürde erfolgreich»

Schon 2031 soll die erste CST-Etappe in Betrieb gehen. Bild: CST

Das Projekt Cargo Sous Terrain (CST) hat weitere Hürden genommen: Die zuständige Parlamentskommission unterstützt das Projekt, neue Investoren schiessen Geld ein. Schon in fünf Jahren soll gebaut werden. Patrik Aellig von CST sagt, wie es weitergeht und ob es ausländische Investoren braucht.

von Stefan Ehrbar
4. Mai 2021

Cargo Sous Terrain will Güter unterirdisch zwischen wichtigen Logistik- und Verteilzentren und den Städten transportieren. Schon 2031 soll die erste Etappe zwischen Härkingen-Niederbipp und Zürich in Betrieb gehen. Später soll das Netz ausgebaut werden – etwa mit unterirdischen Strecken weiter nach St. Gallen, Basel, über Bern nach Genf und Thun.

Doch CST versteht sich auch als Gesamtlogistiksystem und will die Logistik in den Städten umkrempeln. So verspricht CST dank einem neuen Liefersystem, bei dem alle angeschlossenen Lieferanten zusammenarbeiten und mit elektrischen Fahrzeugen von den Hubs ausliefern, 30 Prozent weniger Verkehr und 50 Prozent weniger Lärm in den Städten. Das berichtete die «NZZ am Sonntag».

CST-Sprecher Patrik Aellig erklärt im Interview, wie der aktuelle Stand ist, wo die Herausforderungen liegen und wie er den Fortschritt einschätzt.

Herr Aellig, 2031 soll die erste Etappe von CST zwischen Härkingen und Zürich in Betrieb gehen. Wann müssten sie mit dem Bau beginnen, um rechtzeitig fertig zu sein?
Der Baubeginn für die erste Etappe ist im Jahr 2026, die Bauzeit beträgt also fünf Jahre.

Welche Güter sollen mit CST transportiert werden?
Grundsätzlich kann CST alle Güter aufnehmen, welche sich auf Paletten transportieren lassen, auch Kühlwaren. Ausgenommen sind Gefahrengüter. Und natürlich kommen nur Güter in Frage, die im Einzugsgebiet des CST-Systems anfallen.

Sie sprechen davon, dass in der ersten Etappe 20 Prozent der Lastwagenfahrten auf der A1 zwischen Härkingen und Zürich eliminiert werden könnten. Können Sie die Kapazität der CST genauer quantifizieren?
Das im Businessplan errechnete Potenzial liegt bei 327 Millionen Tonnenkilometern (tkm) im Tunnel, dazu kommen 93 Millionen Tonnenkilometer in der Citylogistik.

Wo soll der Hub in Zürich genau zu liegen kommen und wie wird er ausgestaltet sein?
Generell lässt sich sagen, dass die CST-Hubs in bestehenden Logistikzentren angesiedelt werden sollen. Gegenwärtig läuft eine gründliche Evaluation möglicher Hub-Standorte entlang der ersten Teilstrecke, welche letztlich zur Standortfestlegung führen wird. Die Resultate planen wir bis Ende des laufenden Jahres bekanntzugeben.

Grosse Verteilzentren sollen direkt an CST angebunden werden. Die Rede ist von zehn Hubs in der ersten Etappe. Welche sind das konkret?
Da die Verhandlungen mit den Besitzern möglicher Hubs vertraulich geführt werden müssen, lässt sich im Moment nicht mehr bekanntgeben, als in welchen Räumen CST nach Hubs sucht. 

In diesen Regionen sollen die Hubs von CST zu liegen kommen. Bild: CST

Zur Debatte steht derzeit allerdings auch ein neuer Eisenbahntunnel zwischen Altstetten und Rupperswil. Das würde die Kapazität der Bahn erhöhen. Wäre das ein Problem für CST?
CST ist ein neuartiges Gesamtlogistiksystem, das ergänzend zu den bestehenden Transport- und Logistiklösungen etabliert wird. Wir ersetzen diese nicht, sondern ergänzen dort, wo ein hohes Güteraufkommen besteht und zu Engpässen führt.

Lebensmittel müssen gekühlt transportiert werden. Wird es dafür eine Lösung geben?
CST erlaubt auch den Transport von Kühlwaren. Die Transportfahrzeuge sind entsprechend konstruiert.

2,9 Milliarden Franken werden für den Bau benötigt. Welcher Teil der Finanzierung ist schon sichergestellt?
Wir haben neben einigen Millionen Anfangskapital, das die Durchführung der Machbarkeitsstudie und die Erarbeitung des Businessplans erlaubte, weitere 100 Millionen Franken von Investoren zugesichert. Diese 100 Millionen erlauben es, die Planungsphase bis zum Erhalt der Baubewilligung für das erste Teilstück zu finanzieren. Die Mittel für den Bau akquiriert gegenwärtig eine Arbeitsgruppe mit Fachexperten aus dem Kreis der Investoren.

CST muss in Besitz einer Schweizer Mehrheit sein, so will es der Bundesrat. Wird das zum Problem für die Finanzierung, wenn finanzkräftige ausländische Infrastrukturbetreiber aussen vor bleiben?
Diese Anforderung ist kein Problem für CST. Wir haben viele Schweizer Investoren an Bord, welche CST zu tragen bereit sind. Die Schweizer Mehrheit bei den Investoren beträgt zwei Drittel. Das lässt immer noch genügend Platz für interessierte ausländische Investoren.

Zum Projekt gehört auch eine effiziente Citylogistik. Wie soll diese ausgestaltet sein?
Die Citylogistik von CST sichert den Weg vom Hub am Stadtrand bis zur Verkaufsstelle und den Endkundinnen und -kunden. Sie tut dies, indem sie Touren effizienter gestaltet und dabei alle Vorteile des CST-Tunnelsystems einsetzt, in dem wir Waren vorsortieren können. Dies wird die Städte von Güterverkehr und Lärm entlasten.

Geplant ist der Vollausbau bis 2050. In welcher Reihenfolge soll der Ausbau nach der ersten Etappe vorangehen?
Gegenwärtig erarbeiten die Fachleute von CST die Grundlagen, damit CST die Entscheide über den weiteren Netzausbau fällen kann. Dabei spielt natürlich die Wirtschaftlichkeit eine entscheidende Rolle für die Etappierung.

Anfänglich wurde CST belächelt. Nun haben Sie neben einiger prominenter Unterstützung auch namhafte Investoren für die Baubewilligungsphase gefunden, nämlich Vaudoise, Mobiliar, Coop, Migros, K+D, Valueinvest, die Post, Swisscom, ZKB, CS, Helvetia und Meridiam. Was haben Sie besser gemacht als andere Visionäre?
Das Grundprinzip bei CST nennen wir kollaborative Innovation. Das heisst, eine Reihe von Firmen, die durchaus auch in Konkurrenz zueinander stehen können, entwickeln eine gemeinsame Plattform, auf der alle ihr Geschäft betreiben können. Das ist das Erfolgsrezept von CST.

Ist der Schweizer Gesetzgebungsprozess zu langsam für ein Projekt wie CST? Was sollte geändert werden?
Der Schweizer Gesetzgebungsprozess ist nicht unbedingt schnell, dafür ist er demokratisch legitimiert und sehr stabil. Wir haben uns von Beginn weg diese an diesen bekannten Prozessen orientiert und unsere Planung danach ausgerichtet. Wir leben gut damit.

Stimmen die Rahmenbedingungen in der Schweiz oder wünschten sie sich ein stärkeres Engagement der öffentlichen Hand und der Politik?
Für uns sind die Rahmenbedingungen in der Schweiz ideal. Wir haben eine private Finanzierung zustande gebracht. Die genaue Streckenführung definieren wir in Zusammenarbeit mit den Kantonen, welche uns mit viel Wohlwollen und Engagement begleiten. Und im Parlament erleben wir sehr qualifizierte Diskussionen, welche letztendlich zu einer soliden gesetzlichen Basis führen werden. Das ist die Rolle der öffentlichen Hand, und nicht die Finanzierung, denn diese ist privat.

Würden sie eine staatliche (Teil)Finanzierung von CST begrüssen?
Das Gesamtlogistiksystem CST baut seit Anfang an auf private Finanzierung. Es ist ein marktgetriebenes System, das immer nahe bei den Bedürfnissen der Nutzer seine Lösungen entwickelt. Dieses Grundprinzip ist Teil unseres Konzepts.

Wäre es angebracht, CST über den Bahninfrastruktur-Fonds zu finanzieren?
Nein, die private Finanzierung von CST in Form von Aktienkapital, in der Bauphase auch mit Fremdkapital ist ein fester Grundsatz von CST. Wir wollen sicher keine Mittelkonkurrenz heraufbeschwören.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit SBB Cargo aus?
SBB Cargo ist bereits seit Jahren Aktionärin von CST. Sie arbeitet aktiv mit bei der Entwicklung des Lösungskonzeptes von CST und bringt dabei ihre breiten Kompetenzen ein.

Hätten Sie zu Beginn der Idee CST gedacht, je soweit zu kommen?
Da muss ich sagen: Ich bin selber positiv überrascht, in welchen kleinen und gleichzeitig zielgerichteten Schritten sich CST vorwärts bewegt. Wir nehmen jede Hürde einzeln – und erfolgreich. Es ist ein Privileg, hier dabei sein zu dürfen.

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