
Um wettbewerbsfähig zu bleiben bauen Fluggesellschaften ihre Markt-Anstrengungen laufend aus. Durch Partnerschaften und Allianzen stärken sie ihre Position und minimieren gleichzeitig Risiken und Investitionen. Monatlich werden neue Abkommen vermeldet.
von Peider Trippi,
24. Juli 2025
Angesichts des intensiven Wettbewerbs stehen Fluggesellschaften vor vielfältigen Herausforderungen: Die hohen Kosten für Flottenerneuerung und -wartung, Inflation und Devisenkurse, die Einführung neuer Geschäftsmodelle oder regulatorischen Änderungen. Da die Übernahme von Wettbewerbern oft schwierig sind oder von den Wettbewerbsbehörden nicht genehmigt werden, entscheiden sich Fluggesellschaften häufig für Kooperationen. Diese Partnerschaften existieren in mehr oder weniger komplexen Formen und sind für Fluggesellschaften wichtige Hebel, um in neue Märkte einzutreten, Synergien zu nutzen, Auslastungen der Flüge zu erhöhen oder ihre Position in schnell wachsenden Regionen wie Asien zu stärken.
Deregulierung veränderte die Luftfahrt nachhaltig
Die Deregulierung des Flugverkehrs in den 1980er Jahren zog einen internationalen Reiseboom nach sich. Die freie Netz- und Preisgestaltung löste eine neue Dynamik in einem, bisher von Monopolen beherrschten, Markt aus. Das zusätzliche Aufkommen von Billigfluggesellschaft (siehe Mobimag-Beitrag) setzte die traditionellen Netzwerk-Airlines unter einen erheblichen Kostendruck. Die Flugpreise sanken reihenweise und die Margen schmolzen dahin. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, mussten die etablierten Fluggesellschaften ihre Gesamtkosten senken und gleichzeitig ein konstantes oder sogar besseres Serviceniveau garantieren.
Geburtsstunde von Interlining- und Codeshare-Abkommen
Das Interlining ermöglicht seit den 1950er-Jahren die weltweite gegenseitige Anerkennung von Tickets für Linienflüge von Vollzahlern durch die daran teilnehmenden Fluggesellschaften. Voraussetzung ist demnach, dass mindestens zwei Fluggesellschaften eine einheitliche Flugreise für einen Flugpassagier unter einem Gesamtpreis durchführen. Diese Vereinbarung ermöglicht es Passagieren, von einem Flug der ersten Fluggesellschaft auf einen anderen Flug der anderen Fluggesellschaft umzusteigen, ohne ihr Gepäck erneut abholen oder ein zweites Mal einchecken zu müssen.
In den 1990er-Jahre verbreitete sich das Codesharing. Dabei handelt es sich um kommerzielle Vereinbarungen, bei denen sich zwei oder mehr Fluggesellschaften denselben Flug teilen. Die vermarktende Fluggesellschaft kann die von der ausführenden Fluggesellschaft angebotenen Sitzplätze unter ihrer eigenen Flugnummern veröffentlichen und verkaufen. Diese Kooperation bietet eine größere Auswahl an Flügen durch Partnerflugzeuge und damit eine grössere Netzwerkabdeckung.

Allianzen entstehen
Die meisten grossen Fluggesellschaften, aber auch viele kleinere, haben sich zu Allianzen zusammengeschlossen, um ihre Marktpräsenz entsprechend der globalen Wirtschaft zu erweitern. Im Jahr 2020 gab es rund 500 Allianzverträge zwischen Fluggesellschaften, wobei Star Alliance, SkyTeam und Oneworld die wichtigsten sind. Die drei grossen Allianzen dominierten den Markt 2020 mit 47,7 Prozent, Tendenz allerdings sinkend.
Globale Allianzen ermöglichen viele Vorteile: bessere Konnektivität, Kosteneinsparungen und ein verbessertes Kundenerlebnis durch ein gleichbleibendes Serviceniveau. Die Mitglieder dieser strategischen Allianzen arbeiten auf multilateraler Basis zusammen, um ein möglichst breites gemeinsames Netzwerk und damit ein grösseres Potenzial für wirtschaftliche Vorteile zu schaffen.
Laut einer Studie von Statista waren 17,4 % aller Passagiere, die im Jahr 2024 weltweit gereist sind, auf einem von der Star Alliance durchgeführten Flug. Der Marktanteil von SkyTeam lag bei 13,7 % und der von Oneworld bei rund 11,9 %. Der Markt für Airline-Allianzen wurde im Jahr 2024 auf 744 Milliarden US$ geschätzt und wird sich voraussichtlich bis Ende 2030 verdoppeln.
Die Star Alliance wurde von fünf Fluggesellschaften 1997 gegründet: United Airlines, Scandinavian Airlines (SAS), Thai Airways International, Air Canada und Lufthansa. Die Airline-Allianz war die erste ihrer Art und übernahm schnell den Slogan «The Airline Network for Earth». Eine Organisation, die darauf abzielte, so viele Passagiere auf der ganzen Welt mit so vielen Zielen wie möglich zu verbinden. Die Allianz war zweifellos die erste, die eine dynamische globale Präsenz aufbaute und in der Lage war, schnell mehr Fluggesellschaften einzubinden.
Allianzen werden gewechselt: Die Lufthansa Group, die einen Anteil von 41 Prozent an der SkyTeam-Mitgliedsfluggesellschaft ITA Airways 2024 erwarb, wird diese bis 2027 in die Star Alliance integrieren. Diese Allianz wird jedoch bald ein Mitglied verlieren, da Scandinavian Airlines ausscheiden wird. SAS wird nach umfangreichen Investitionen von Air France-KLM zu SkyTeam wechseln.

Die Angaben variieren je nach Quelle, da die Allianzen nur teilweise Daten bekannt geben. Tabelle: P. Trippi
Marktkonsolidierung
Insbesondere in Europa setzte innerhalb der Allianzen ein Konsolidierungsprozess ein. Die «Grossen Drei» Air France, British Airways und Lufthansa sind durch Fusionen, Übernahmen und Beteiligungen zu Gruppen geworden und etablierten Holding-Gesellschaften.
Beispielsweise bei Lufthansa mit Austrian, Brüssel, Swiss und seit kurzem ITA. Dies inklusive Gesellschaften im Ferienflugbereich wie Edelweiss und Discovery und im Bereich des Billigflugangebots wie Eurowings. Diese Form der Gruppenbildung ermöglicht die Koordination der Hauptfunktionen der Fluggesellschaften darunter Flottenmanagement, Planung, Preisgestaltung, Ertragsmanagement, Lounges, Marketing und Vertrieb sowie Ausbildung und Wartung.
Die Holding Air France-KLM hat im Rahmen des „Trust Together“-Plans beschlossen, die kommerzielle Integration mit seinen Fluggesellschaften Air France, KLM Royal Dutch Airlines, und Transavia zu verstärken. Dies ermöglicht es den Flugunternehmen, von einer breiteren Marktposition zu profitieren, ein gemeinsames Vertriebsnetz zu nutzen und seinen Kunden in jedem Markt ein globales Angebot zu unterbreiten. Neu zur Holding wir SAS stossen, wo Kapitalbeteiligungen beschlossen sind.
IAG (International Airlines Group) wurde im Januar 2011 gegründet und ist die Muttergesellschaft von British Airways, Iberia, Vueling, Aer Lingus, LEVEL, IAG Loyalty und IAG Cargo. Es handelt sich um ein in Spanien eingetragenes Unternehmen, dessen Aktien an den Londoner und spanischen Börsen gehandelt werden. Der Hauptsitz von IAG befindet sich in London.
Virtuelles Interlining
Das Konzept des virtuellen Interlining hat die Landschaft der Airline-Partnerschaften grundlegend verändert und schafft ein neues Geschäftsmodell. Im Gegensatz zu traditionellen Airline-Modellen, die auf formellen Partnerschaften beruhen, nutzt virtuelles Interlining fortschrittliche Intermediär-Technologien, um Flugsegmente mehrerer Fluggesellschaften ohne Codeshare-Vereinbarungen zu kombinieren. Führende Pioniere auf diesem Gebiet, wie Dohop und Kiwi, führten diese Angebote bereits vor über einem Jahrzehnt ein und verfolgten dabei jeweils unterschiedliche Ansätze.
- Kiwi hat sich in erster Linie auf den OTA-Bereich (Online Travel Agencies) konzentriert, wobei der Schwerpunkt auf B2C-Kunden liegt und das Unternehmen häufig ohne direkte Partnerschaften mit Fluggesellschaften agiert.
- Im Gegensatz dazu hat sich Dohop auf den Aufbau enger Kooperationen mit Fluggesellschaften konzentriert und den Schwerpunkt auf B2B-Beziehungen gelegt, um Virtual Interlining ganzheitlich in den Flugbetrieb zu integrieren. Dohop-Mitglieder sind unter anderem PLAY, Jet2, easyJet, Alaska Airlines, Vueling.
Im Laufe der Zeit fügten beide Anbieter zusätzliche Dienste hinzu, beispielsweise eine Versicherung für verpasste Anschlussflüge und einen umfassenden Kundensupport, und schufen so einen neuen Mehrwert für Reisende.
(Video zu Interlining, Codesharing, wie Virtual Interlining entstand und funktioniert sowie die Integration zu anderen Mobilitätsmöglichkeiten. Auf Englisch)
Laufend neue Abkommen
- Air India und die Lufthansa Group hatten Anfangs 2025 vereinbart, ihre langjährige Codeshare-Partnerschaft auszubauen, bei der Air India ein neues Codeshare-Abkommen mit Austrian Airlines abschliesst und die bestehenden Codeshare-Vereinbarungen zwischen Air India, Lufthansa und Swiss erweitert. Diese Partnerschaft erweitert die Flugoptionen und die Konnektivität für Reisende zwischen dem indischen Subkontinent und Europa durch das Hinzufügen von fast 60 Codeshare-Strecken, die von den vier Fluggesellschaften in 12 indischen und 26 europäischen Städten durchgeführt werden.
- Im Februar 2025 hatten die nationalen Fluggesellschaften der Vereinigten Arabischen Emirate und Äthiopiens ein strategisches Joint Venture gegründet, das den Reiseverkehr zwischen Afrika, dem Nahen Osten und Asien neu gestalten wird. Wie am 6. Juni am Hauptsitz von Ethiopian Airlines in Addis Abeba offiziell bekannt gegeben wurde, betrifft dies jetzt umfassende Codeshare-Vereinbarungen und neue Direktflüge. Addis Abeba ist das fünfzehnte neue Ziel von Etihad Airways für 2025, während Abu Dhabi das 145. globale Ziel von Ethiopian Airlines wird.
- Emirates und Air Mauritius haben Ende Mai 2025 ihre langjährige strategische Partnerschaft mit der Unterzeichnung eines neuen Memorandum of Understanding erneuert. Damit wird die bestehende Zusammenarbeit bei Codeshare-Diensten, Vielfliegerprogrammen und Frachtbetrieb weiter vertieft.
- Air France-KLM und Riyadh Air gaben anlässlich der IATA-Hauptversammlung im Juni 2025 ihr neues Abkommen bekannt. Die strategische Allianz zielt in erster Linie darauf ab, die Konnektivität ihrer Luftverkehrsnetze zu stärken. Die beiden Partner werden ihre Kräfte bündeln, um zukünftige Verbindungsmöglichkeiten über das Drehkreuz Riad von Riyadh Air in Saudi-Arabien einerseits und die Drehkreuze von Air France-KLM in Paris-Charles de Gaulle und Amsterdam-Schiphol andererseits zu maximieren.
- Air India hat im Rahmen der Erweiterung seines globalen Netzwerks zahlreiche Partnerschaftsabkommen mit Fluggesellschaften in Europa, Zentralasien und Afrika im Juni 2025 unterzeichnet. Die indische Fluggesellschaft schloss dabei neue Codeshare-Vereinbarungen mit Icelandair und Air Mauritius ab. Mit airBaltic, Bulgaria Air, Cypress Airways, und Uzbekistan Airways wurden Interline Partnerschaften unterzeichnet.
- Die indische Billigfluggesellschaft IndiGo, Delta, Air France-KLM und Virgin Atlantic gaben zu derselben Zeit eine grosse Allianz bekannt und bilden dadurch ein Gegengewicht zu den Abkommen von Air India. Diese neue Allianz vereint die Stärken der beteiligten Fluggesellschaften: IndiGo, Indiens grösste Fluggesellschaft, die ihr ausgedehntes Inlandsnetz einbringt. Delta und Virgin Atlantic werden für eine starke transatlantische Abdeckung sorgen, während Air France-KLM für eine breite Anbindung in Europa und Nordamerika sorgt.
- Die US-Airlines JetBlue und United gaben Anfangs Juni den Start einer Partnerschaft bekannt, die ab Herbst dieses Jahres eine Interline-Vereinbarung zwischen beiden Fluggesellschaften einleiten wird. Ziel ist es, die Netzwerke beider Gesellschaften zu erweitern und ihren Kunden mehr Auswahlmöglichkeiten zu bieten.
- Die chinesische Hainan und die mexikanische Volaris Airlines bildeten im Juni 2025 eine strategische Partnerschaft zur Ausweitung der globalen Konnektivität und bieten Reisenden durch ein nahtloses Codeshare-Abkommen einfachen Zugang zwischen Mexiko und China. In demselben Monat sind China Southern Airlines und Vietnam Airlines ein Joint Venture eingegangen, um die Reisenachfrage zwischen den beiden Ländern zu nutzen.
- Etihad Airways und die in Taipeh ansässige Starlux Airlines haben sich auf eine Codeshare-Partnerschaft geeinigt, wie die Fluggesellschaften im Juni bekannt gaben. Die Vereinbarung ermöglicht es Etihad-Kunden, über Taipeh Verbindungen zu japanischen Städten wie Nagoya, Sapporo und Fukuoka zu erhalten, während Starlux-Passagiere über Abu Dhabi direkten Zugang zum europäischen Streckennetz von Etihad haben.
Ab dem 16. Juni 2025 bietet Philippine Airlines tägliche Nonstop-Flüge zwischen Manila und Doha an. In der ersten Phase dieser neuen strategischen Kooperation wird Qatar Airways auf den sieben wöchentlichen Flügen von Philippine Airlines Codeshare-Flüge anbieten. Diese Codeshare-Partnerschaft soll helfen, Tourismus, Handelsströme und Wirtschaftswachstum im Rahmen der starken bilateralen Beziehungen zwischen den Philippinen und Katar anzukurbeln.
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