Aktuelle Luftfahrt-Kurznachrichten: Corona ist Geschichte – aber neue Sorgen hemmen den weiteren Aufschwung

Damals war die Welt noch in Ordnung: Der letzte Passagierflug von Lufthansa mit einer Boeing B737 landete am 29. Oktober 2016 am Flughafen Frankfurt. Heute, fast zehn Jahre später leiden Fluggesellschaften an Liefer- und Triebwerkproblemen. Wann es wieder in eine Richtung, geht ist noch nicht absehbar. Bild: P. Trippi

Air Baltic und Lufthansa rutschen in die roten Zahlen, British Airways muss Destinationen streichen, verbannte Airbus A380 erleben ein Revival. Was läuft schief in der Luftfahrt? Doch es gibt auch Lichtblicke. Wir ordnen ein.

von Peider Trippi,
1. Mai 2025

Air Baltic

Die lettische Fluggesellschaft Air Baltic war im vergangenen Jahr nicht in der Lage, mit voller Kapazität zu operieren respektive alle geplanten Destinationen anzufliegen. Durchschnittlich waren acht Airbus A220-Flugzeuge gleichzeitig wegen fehlender Ersatztriebwerke am Boden geblieben (mobimag berichtete). So musste sie im Sommer 2024 ältere, weniger treibstoffeffiziente Flugzeuge von anderen Betreibern leasen. Dennoch erreichte Air Baltic einen Umsatzanstieg von 12 Prozent auf 747,5 Millionen Euro, flog aber einen Nettoverlust für das Gesamtjahr von 118 Millionen Euro ein. Allein durch Wet-Lease-Verträge mit der Lufthansa-Gruppe verzeichnete die Gesellschaft einen Umsatz von 146 Millionen Euro (ein Plus von 46 Prozent). Im Sommer waren 17 Flugzeuge für andere europäische Fluggesellschaften, unter anderem bei SWISS, im Einsatz.

Basierend auf der bisherigen strategischen Partnerschaft bis 2028 für den Wet-Lease-Einsatz haben die Lufthansa Group, das lettische Verkehrsministerium und Air Baltic im Februar 2025 die Unterzeichnung einer Vereinbarung bekannt gegeben, wonach die Lufthansa Group 14 Millionen Euro in Air Baltic investiert. Dafür erhält Lufthansa eine Minderheitsbeteiligung sowie einen Sitz im Aufsichtsrat. Der Abschluss der Transaktion ist für das zweite Quartal 2025 geplant und unterliegt noch der kartellrechtlichen Prüfung.

Im März 2025 führte die Airline einen ersten Test des Starlink-Internetverbindungssystems von SpaceX an Bord einer ihrer Airbus A220-300 durch. Der Bodentest wurde auf der Heimatbasis der Fluggesellschaft in Riga durchgeführt, und das Konnektivität-System an Bord wurde mit einer vollständigen Kabine getestet, die aus Starlink-Mitarbeitern von Air Baltic und SpaceX bestand. Die Unternehmen arbeiten zusammen, um die erforderliche STC-Zulassung (Supplemental Type Certification) zu erhalten und voraussichtlich kann die Fluggesellschaft bis Ende dieses Jahres mit der Installation des Produkts in der Airbus A220-300-Flotte beginnen.

Lufthansa Konzerngruppe

Ein Verlust der Hauptmarke mit dem Kranich-Logo hat den Gewinn des Lufthansa-Konzerns im vergangenen Jahr mit einem Verlust von 94 Millionen Euro einbrechen lassen. Das bereinigte Betriebsergebnis sackte 2024 um 39 Prozent auf 1,65 Milliarden Euro ab, wie die Lufthansa anfangs März 2025 mitteilte. Belastet wurde das Ergebnis durch gestiegene Kosten – so schlug der Streik des Bodenpersonals durch Flugausfälle und Kundenentschädigungen mit 450 Millionen Euro zu Buche. Nicht nur Streiks und Flugausfälle schreckten Kunden ab, viel Kritik kam auch an einem verschlechterten Service auf. 

Die Haupt-Airline litt ausserdem unter dem Mangel an neuen Boeing B787-Flugzeugen und dadurch höheren Personal- und Wartungskosten für länger geflogene, ältere A340 und B747-400 Maschinen. Aufgrund der stark gestiegenen Nachfrage reaktivierte Lufthansa bereits 2023 den Airbus A380. Die Flotte der Lufthansa Group bestand zum Jahresende 2024 aus 735 Flugzeugen (Vorjahr: 721 Flugzeuge). Das Durchschnittsalter der Flotte betrug 14,0 Jahre (Vorjahr: 13,4 Jahre). Ende 2024 standen 242 Flugzeuge auf der Bestellliste der Lufthansa Konzerngruppe zur Lieferung bis 2032. Darüber hinaus bestehen Optionen auf weitere 182 Flugzeuge. Die Zuteilung von Flottenzugängen zu den jeweiligen Airlines wird jeweils kurzfristig vor der Auslieferung zentral entschieden.

Wegen fehlender neuer Boeing B787-9 und, auf die noch immer nicht zugelassene, Boeing 777-9 kämpft Lufthansa schon seit geraumer Zeit mit Störungen im Flugbetrieb. Regelmässig kommt es zu Flugstreichungen und Umbuchungen. Die neuen Flugzeuge sind dringend notwendig, um den Flugbetrieb der Lufthansa weiter zu stabilisieren. Auch die neu eingeführte Allegris-Business-Langstreckenkabine leidet noch unter fehlenden Zulassungen. Die ersten eintreffenden B787-9 werden nun vorerst mit leerer Business-Class Zone als Ersatz von, triebwerkbedingt, stillgelegten Airbus A320 zum Einsatz gelangen.

Das Konzernergebnis der Lufthansa-Gruppe erreichte einen Umsatz von 37,6 Milliarden Euro, ein Zuwachs von sechs Prozent. Die Umsatzrendite verschlechterte sich um gut drei Prozentpunkte auf 4,4 Prozent. Ziel war bisher eine Marge von acht Prozent. Die Leitung vermeldete im vierten Quartal 2024 einen Lichtblick: Das operative Ergebnis im Konzern lag über dem Vorjahr. Damit sei die Trendwende eingeläutet worden, erklärte Vorstandschef Carsten Spohr. «Unsere Strategie stimmt», sagte er. Die Airlines der Gruppe beförderten 131 Millionen Gäste 2024, sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Die Durchschnittserlöse der Tickets sanken jedoch um 2,6 Prozent wegen den branchenweiten Ausweitungen des Angebots.

British Airways

In den letzten Monaten von 2024 musste British Airways sein Langstreckennetz erheblich anpassen, da Lieferprobleme im Zusammenhang mit dem Rolls-Royce Trent 1000-Triebwerk die Fluggesellschaft weiterhin beeinträchtigten, einschliesslich der jüngsten Anpassung der Streichung von Flügen nach Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten, die vom 30. März bis zum 25. Oktober 2025 in Kraft bleiben. Weitere Einschränkungen betreffen auch andere Destinationen im Nahen Osten, Indien, USA und nach Malaysia.

British Airways machte Verzögerungen bei der Lieferung von Ersatzteilen und Ersatztriebwerken für die Annullierungen verantwortlich, insbesondere bei den von Rolls Royce hergestellten Trent 1000-Triebwerken, die ihre vierzig 787 Dreamliner antreiben. Durchschnittlich bleiben fünf Maschinen am Boden. Der Ersatzeinsatz durch ältere B 777 hilft nur bedingt, da grössere Unterhaltszyklen anstehen. Es besteht Unklarheit darüber, wann die Trent-Flugzeugtriebwerke inspiziert werden, wann Ersatzteile eintreffen und wie lange die Wartungszeiten dauern werden.

Um die Leistungswerte zu steigern setzte Rolls-Royce neue Materiallegierungen ein. Doch Rolls-Royce sah sich mit unerwarteten Umweltbedingungen konfrontiert, die sich auf die Haltbarkeit dieser Materialien auswirkten. Durch Umweltbedingungen, die hauptsächlich durch erhöhte Schadstoffwerte verursacht wurden, erhöhen sich die Sulfidierungs-Effekte (Einführung von Schwefel in eine organische Verbindung). Dies ist eine Reaktion, wenn Verunreinigungen mit der Luft mit hohen Temperaturen in Kontakt kommen, beispielsweise im Inneren eines Düsentriebwerks. Dies machte die Mitteldruckschaufeln anfälliger für Risse, wodurch ihre potenzielle Lebensdauer verringert wurde.

Diese Änderung der Umgebungsbedingungen wurde durch einen Konstruktionsfehler in den Hochdruckturbinenschaufeln noch verstärkt. Die verwendete Nickellegierung bei der Konstruktion von HP-Schaufeln hat einen Schmelzpunkt von etwa 1.455 °C, aber die Temperaturen im Herzen des Düsentriebwerks liegen bei etwa 1.700 °C. Die Schaufeln werden über Öffnungen mit 600 °C gradiger «Kühlluft» umströmt um eine Überhitzung des Materials zu vermeiden. Wie es sich im längeren Einsatzbetrieb zeigte, sind die Kühlöffnungen nicht optimal angeordnet.

Das erste Problem, das angegangen wurde, war die Sulfidierung auf der IP-Turbinenschaufel. Um sich vor möglicher Korrosion zu schützen, führte das Unternehmen ein neues Schaufeldesign mit einer verbesserten Schutzbeschichtung und einem neuen Grundmetall ein. Als nächstes wurde die HD-Turbinenschaufel komplett neu konstruiert. Der Herstellungsprozess wurde verbessert, so dass die Kühllöcher rundum effektiver funktionierten. Die Verdichterschaufeln, die durch das Resonanzproblem Risse aufwiesen, wurden ebenfalls neu konstruiert und in alle Motoren eingebaut.

Die Stornierungswelle infolge Lieferketten-Probleme sind nur die jüngsten Probleme von British Airways, die in den letzten Jahren mit der Betriebszuverlässigkeit zu kämpfen hatte. Eine Analyse der Financial Times ergab, dass sich die Annullierungen und Verspätungen von BA-Flügen von und nach Heathrow seit der Pandemie verdoppelt haben.

Anfangs März gab die von BA geführte International Airlines Group für 2024 einen Gewinn nach Steuern von Euro 2,73 Milliarden bekannt, wobei der Betriebsgewinn im Vergleich zum Vorjahr um 22 %  auf Euro 4,3 Milliarden stieg, da sich die Passagierzahlen weiter vom Zusammenbruch der Covid-Ära erholten. Der Grossteil des Betriebsgewinns wurde von der britischen Fluggesellschaft der in Spanien ansässigen IAG-Gruppe getragen, zu der auch Iberia, Vueling und Level sowie die irische Aer Lingus gehören.

Die Bekanntgabe der Geschäftsergebnisse zeigen nach wie vor, dass Geschäftsreisen nicht wieder auf das Niveau vor der Pandemie zurückkehren werden, insbesondere bei Kurzreisen. Wohlhabende Touristen erhöhen jedoch die Margen. Deshalb hat British Airways mehr Platz in der Premium Economy angeboten, mit 15 Prozent mehr Sitzen in dieser Klasse gegenüber 2019.
Totgesagte leben länger

Airbus beendete die Produktion der A380 im Jahr 2021, wobei nur 252 der Doppeldecker für Passagiere gebaut wurden. Das Flugzeug benötigt eine Besatzung von 23 Personen (zwei Piloten und 21 Flugbegleiter), spezielle Flughafen-Gates sowie verstärkte Start- und Landebahnen.

Mit dem Ende der Corona-Pandemie und der Rückkehr des Massentourismus erlebten die eingemotteten Airbus A380 ein unerwartetes Comeback. Mehrere Fluggesellschaften, darunter Etihad, Emirates, Lufthansa, Qantas und British Airways geben Hunderte von Millionen Dollar aus, um stillgelegte Flugzeuge wieder in Betrieb zu nehmen. Auf dem Höhepunkt der Pandemie flog gerade einmal eines von über 200 Airbus A380-Flugzeugen, die vor 2020 im Einsatz waren. Der Rest wurde am Boden gelassen, auf Flugfriedhöfe wie Mojave/USA, Spanien und Südfrankreich verlagert oder verschrottet. Die Ära des Riesen war offensichtlich vorbei. Die Pandemie bedeutete auch für viele alternde B747-Jumbojets das Ende.

Während die Passagiere die geräumige A380 lieben, bevorzugt die Luftfahrtindustrie die neue Generation wirtschaftlicher Langstreckenflugzeuge wie die Airbus A330neo und A350 sowie Boeing B787 und B777X. Sie sind leichter mit zahlenden Passagieren zu füllen als ein A380 mit 500 Sitzen und haben einen erheblich reduzierten Treibstoffverbrauch. Fluggesellschaften wie Emirates und andere sehen sich in der Folge der erheblichen Lieferverzögerungen bei Boeing gezwungen, die A380 auch länger im Betrieb zu halten respektive zu reaktivieren.

So werden beispielsweise bei Emirates seit 2024 zusätzliche 43 A380 mit einer neuen Kabinenausstattung versehen. Aufgrund von Verspätungen bei neuen Langstreckenjets setzt auch die Lufthansa wieder auf acht Airbus A380, die sie schrittweise aus dem Stilllager auf dem spanischen Flughafen Teruel ab 2023 zurück in den Betrieb holte. Auch sollen die doppelstöckigen Flugzeuge eine neue Business Class erhalten und so ab Herbst 2025 in den Betrieb gehen. Lufthansa verkaufte sechs A380 zurück an Airbus. Abheben werden diese ehemaligen Lufthansa-Jets nicht mehr sondern werden als Ersatzteilspender dienen.

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