Der Automarkt im ersten Halbjahr 2022: Tesla belegt mit Model 3 und Y die vordersten Ränge, BMW bringt CO2-Schleuder in Top 20

Tesla liegt im ersten Halbjahr im Schweizer Automarkt vorne. Bild: Mr Borys / Pexels

Im ersten Halbjahr wurden hierzulande erneut weniger neue Fahrzeuge in den Verkehr gesetzt als im Vorjahr. Die Krise dürfte noch einige Zeit anhalten. Gleichzeitig boomt die Elektromobilität: Selbst im europaweiten Vergleich schneidet die Schweiz sehr gut ab. Freuen kann sich die Branche darüber nicht.

von Stefan Ehrbar
5. Juli 2022

Nach einem schlechten Jahr 2021 können Schweizer Autoverkäuferinnen und -verkäufer noch lange nicht aufatmen: Im ersten Halbjahr wurden noch einmal 12 Prozent weniger Fahrzeuge verkauft als in der gleichen Periode des Vorjahrs. Gerade noch knapp 110’000 Fahrzeuge wurden in den ersten sechs Monaten neu zugelassen.

«Die Halbjahresbilanz ist alles andere als zufriedenstellend», wird Auto-Schweiz-Sprecher Christoph Wolnik in einer Mitteilung zitiert. «Aufgrund der herausfordernden Umstände hätte es aber durchaus auch noch schlimmer kommen können.» Die Branche werde noch einige Zeit mit diversen Problemen zu kämpfen haben, etwa dem Krieg in der Ukraine. Nach wie vor sei die Versorgung der Werke mit vielen Zulieferteilen problematisch. Wer ein neues Auto bestellt hat, muss weiterhin viel Geduld aufbringen. 

Im ersten Halbjahr war über die Hälfte der neu zugelassenen Fahrzeuge zumindest teilweise alternativ betrieben (siehe Grafik unten). Bei den Modellen können ebenfalls zwei Elektroautos punkten.

Erstmals belegt Tesla mit jeweils über 2’000 neu zugelassenen Fahrzeugen der Modelle 3 und Y gleich die beiden obersten Ränge. Der langjährige Seriensieger, der Kombi Škoda Octavia, belegt erstmals nur noch den Platz 3. Die saubersten Modelle in den Top 20 sind die beiden Teslas mit CO2-Emissionen von 28 respektive 32 Tonnen über eine durchschnittliche Lebensdauer mit einer Laufleistung von 200’000 Kilometern, gefolgt vom Dacia Sandero mit 43 Tonnen. In diesen Zahlen sind alle Emissionen einberechnet, die bei Produktion, Entsorgung und im Betrieb entstehen.

Den unrühmlichen letzten Platz in Sachen Klimabilanz in den Top 20 holt BMW mit seinem SUV-Modell X5: Das günstigste Modell der Reihe kommt auf 74 Tonnen CO2-Emissionen – 2,6-mal so viel wie das Tesla Model 3. Der X5 verkaufte sich im ersten Halbjahr gut und legte um 8 Plätze auf Platz 19 zu. Trotz einem rückläufigen Markt wurden auch in absoluten Zahlen mehr Exemplare des Modells verkauft, nämlich 122 Stück mehr. Das zeigt: Das Bewusstsein für die Notwendigkeit von klimaschonenden Fahrzeugen ist bei einem grossen Teil der Kundschaft weiterhin nicht vorhanden. 

In untenstehender Tabelle sind die Verkaufszahlen des ersten Halbjahres, die Platzierungen im Jahr 2021 sowie die CO2-Emissionen aller Modelle der Top 20 aufgelistet.

Es gibt aber auch gute Nachrichten vom Automarkt: Der Anteil der rein elektrischen Autos an den Neuzulassungen lag im ersten Halbjahr mit 16,4 Prozent noch einmal 3,1 Prozentpunkte höher als im ganzen Jahr 2021. Der Anteil der Plug-In-Hybride an den Neuzulassungen sank um 0,5 Prozentpunkte auf 8,6 Prozent, Mild-Hybride ohne Stecker legten um 3,2 Prozentpunkte auf 25,1 Prozent zu. Praktisch keine Rolle spielen mit Erdgas betriebene Fahrzeuge, die nur noch auf einen Anteil von 0,1 Prozent kommen.

Über den Boom von elektrisch betriebenen Autos kann sich die Branche aber nicht richtig freuen. Der Zuwachs an öffentlicher Ladeinfrastruktur könne mit den prozentualen Steigerungen «nicht ansatzweise» mithalten, wird Auto-Schweiz-Präsident Albert Rösti in einer Mitteilung zitiert (zum Mobimag-Interview mit ihm).

Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern zeigt sich: Nur in Norwegen und Schweden war im ersten Quartal ein höherer Prozentsatz der neu zugelassenen Fahrzeuge rein elektrisch betrieben. Norwegen liegt mit einem Anteil von mittlerweile fast drei Viertel unerreichbar vorne, aber auch in Schweden ist der Anteil der Elektroautos an Neuzulassungen noch fast 12 Prozentpunkte höher.

Hingegen hat die Schweiz die Niederlande, Österreich, Deutschland und Frankreich hinter sich gelassen. Bei den Plug-In-Hybriden, deren Klimawirkung sehr umstritten ist und die gemäss verschiedenen Studien sogar mehr Emissionen verursachen als konventionelle Verbrenner, kommen auch Deutschland, die Niederlande und Belgien auf höhere Anteile als die Schweiz. Weiterhin einen sehr schweren Stand haben alternativ angetriebene Fahrzeuge in Spanien, Italien und Polen. Dort sind derzeit nur 2 Prozent der neu zugelassenen Fahrzeuge rein elektrisch betrieben. 

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