Warum eine Abgabe Flüge billiger macht // Deutschland spart bei den Autobahnen // «Peinlicher» Auftritt des Boeing-Chefs

Spart Deutschland an den Autobahnen? Bild: Alexander Schimmeck/Unsplash

Die Grünen in Grossbritannien versprechen eine Abgabe für Vielflieger. Sie könnte Flüge sogar billiger machen. Ausserdem im Blick aufs Ausland mit Links zu spannenden Geschichten: In Deutschland könnte bei den Autobahnen gespart werden – und der Boeing-Chef legt im Zusammenhang mit Pannen und Abstürzen einen peinlichen Auftritt hin.

von Stefan Ehrbar
21. Juni 2024

Warum eine Abgabe Flüge billiger machen kann

Die Grünen im Vereinigten Königreich wollen eine «flyer tax» einführen, also eine zusätzliche Abgabe auf Tickets für all jene, die oft fliegen. In Grossbritannien sind etwa 15 Prozent der Bevölkerung für 70 Prozent der Flüge verantwortlich. Die Partei begründet ihren Plan, den sie in einem Manifest für die kommenden Parlamentswahlen veröffentlicht hat, damit, dass die Luftfahrt die am schnellsten wachsende Quelle von CO2-Emissionen sei.

Doch welche Folge hätte eine solche Abgabe? Dieser Frage ist die Zeitung «The Mirror» nachgegangen – und zu einem erstaunlichen Schluss gekommen.

Matt Finch, Politik-Experte des Think-Tanks Environment and Transport sagt, bei einer Vielfliegerabgabe erhöhe sich der Betrag, den man für ein Flugticket zahle, jedes Mal, wenn man innerhalb eines bestimmten Zeitraums fliege – wahrscheinlich innerhalb eines Jahres.

Zwar gebe es noch nirgends auf der Welt eine Vielfliegerabgabe. Doch die meisten Experten gingen davon aus, dass auf den ersten Flug keine Steuer erhoben würde, auf den zweiten ein relativ niedriger Satz, und danach in relativ grossen Schritten mehr pro weiteren Flug.

«Diejenigen, die viel fliegen, etwa acht oder zehn Mal im Jahr, zahlen erheblich mehr, und deshalb ist es eine Regelung, die auf Vielflieger ausgerichtet ist. Es ist das gerechteste System zur Dekarbonisierung, das ich kenne», sagt Finch.

Es dürfte allerdings schwierig sein, den Plan umzusetzen. Zum Beispiel gebe es Leute, die zwei Pässe besitzen. Dies nachzuverfolgen, sei sehr schwierig. Zudem sei schwer zu sagen, ob eine solche Abgabe tatsächlich einen Effekt auf die Dekarbonisierung habe. Immerhin könne sie aber der Industrie helfen, bessere und umweltfreundlichere Lösungen zu finden.

Gleichzeitig gebe es auch Reisende, die dank einer solchen Abgabe wohl weniger bezahlen würden, wenn sie nur einmal im Jahr fliegen – klassische Urlauber beispielsweise. Das Preisgefüge würde sich nämlich durch eine solche Abgabe ändern.

Interessanter finde er den Plan der Grünen, die Subventionierung des Fliegens zu beenden. Kerosin ist etwa von der Treibstoffsteuer befreit, was Finch als «bizarr» bezeichnet. Jeder Autofahrer bezahle mit einem Mal Tanken mehr Kraftstoffsteuer als die grossen britischen Fluggesellschaften jemals berappt hätten, so Finch.

Spart Deutschland bei den Autobahnen?

Die Autobahnen sind Deutschland heilig – heisst es. Doch offenbar plant der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), die Investitionen in Autobahnen und Brücken zu kürzen. Das berichtete die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung».

Demnach sollen die Mittel im neuen Haushalt um gut 20 Prozent gekürzt werden. Diese Aussage sei allerdings «nicht direkt falsch, aber auch nicht die ganze Wahrheit», schrieb diese Woche die «Süddeutsche Zeitung». Einerseits habe Wissing die Mittel für die Autobahn GmbH erst für dieses Jahr deutlich erhöht, nämlich um eine halbe Milliarde Euro von 5,5 auf mehr als sechs Milliarden Euro. Die Gesellschaft betreibt die 13’000 Kilometer Bundes-Autobahnen. Zudem hätten schon 2023 gar nicht erst alle zur Verfügung stehenden Mittel verbaut werden können, so die Zeitung.

Der Betrag soll für das nächste Jahr auf knapp fünf Milliarden Euro sinken. Auch für die Jahre danach soll er sich etwa in dieser Grössenordnung bewegen.

Im Artikel werden Zweifel geäussert, ob es sich dabei tatsächlich um den Willen von Wissing handelt oder eher um eine taktische Massnahme. Schliesslich ist der Budgetprozess in Deutschland noch nicht abgeschlossen.

«Mein Ziel ist es, dass die Autobahn GmbH für 2025 die Investitionsmittel in voller Höhe bekommt, die sie braucht», soll Wissing kürzlich gesagt haben. Die Strasse sei der wichtigste Verkehrsträger in Deutschland. An der Infrastruktur zu sparen, schwäche die Wirtschaft und reduziere Steuereinnahmen in der Zukunft.

«Die Autobahn GmbH fürchtet schon lange Kürzungen und versucht seit Monaten öffentlichkeitswirksam, sie doch noch zu verhindern», heisst es im Artikel weiter. «Im April hat sie gar einen zusätzlichen Bedarf in Höhe von 5,5 Milliarden Euro bis 2028 angemeldet. Vor allem die Sanierung maroder Brücken werde teurer als bislang geplant.» Die Gesellschaft warnt vor mehr Staus, Sperrungen und Tempo-Begrenzungen, wenn sie das Geld nicht erhält.

«Peinlicher Auftritt» von Boeing-Chef

Diese Woche musste Dave Calhoun, der Chef des US-Flugzeugbauers Boeing, dem US-Senat Rede und Antwort stehen. Im Mittelpunkt standen diverse Pannen, Sicherheitsmängel und zwei Abstürze von Boeing-Maschinen des Typs 737 Max in den Jahren 2018 und 2019.

Bei diesen Abstürzen kamen 346 Menschen ums Leben. Schuld hatte ein Fehler in der Software MCAS, die eigentlich die Piloten unterstützen sollte, aber die Nase der Flugzeuge in diesen Fällen heruntergedrückt hatte. Die Piloten konnten nicht eingreifen.

Nach den Abstürzen hatte Boeing zunächst argumentiert, dass diese auf einen Bedienungsfehler der Piloten zurückzuführen seien – eine Behauptung, die sich nicht halten liess.

Calhoun entschuldigte sich vor dem US-Senat bei den Angehörigen. Sein Auftritt vermochte ansonsten aber nicht zu überzeugen, berichten verschiedene Medien. Das deutsche Magazin «Spiegel» berichtet etwa von einem «peinlichen Auftritt».

«Was in den zwei Stunden nach der Entschuldigung folgte, war ein einziges Desaster für den Chef des einst weltgrössten Flugzeugherstellers», heisst es im Artikel. «Die Senatoren führten ihn vor, wie ihm Antworten fehlten, wie er ins Stottern kam, wie er peinliche Eingeständnisse machen musste.» Das alles sei vor einem Millionenpublikum geschehen.

Calhoun verantworte den «beispiellosen Niedergang einer einst als unangreifbar geltenden Marke». Tatsächlich galt Boeing früher als Inbegriff von Sicherheit in der Aviatik, was sich auch im geflügelten Wort «If it ain’t Boeing I’m not going» zeigt.

Dass es Calhoun, der während den Abstürzen noch Chefaufseher des Konzerns war und danach zum Chef befördert wurde mit dem Ziel, die Sicherheitskultur in Ordnung zu bringen, nicht gelungen ist, dieses Ziel zu erreichen, zeigt sich laut dem Artikel daran, dass sich vor kurzem das Kabinenteil einer 737 Max der Alaska Airlines mitten im Flug absprengte. Boeing hatte vergessen, alle Bolzen einzusetzen. Nur dank viel Glück passierte nichts Schlimmeres.

«Erste Untersuchungsergebnisse ergaben haarsträubende Zustände in der Produktion von Boeing. Und das obwohl doch angeblich so viel investiert worden ist in die Sicherheitskultur der Firma. Schlimmer noch: Seit Monaten melden sich immer mehr Whistleblower, die von unhaltbaren Zuständen in der Firma berichten», schreibt das Magazin. «Eigentlich müssten Calhoun und das Management ihnen dankbar sein. Stattdessen berichten die Whistleblower von Vergeltungsmassnahmen».

Keine Aussage machen konnte Calhoun während der Anhörung etwa zu den Vorwürfen, wonach Mitarbeitende von Boeing angewiesen worden seien, nicht zugelassene Flugzeugteile wegzuräumen, als sie von einer Inspektion der US-Flugaufsichtsbehörde erfahren hätten. «Grund für die angebliche Fälschung der Konformitätsnachweise und die Verwendung nicht zugelassener Teile sei Materialknappheit gewesen. Die Bauteile, die entweder aussortiert waren oder nach Anlieferung noch gar nicht auf Sicherheit kontrolliert worden waren, sollen geholfen haben, dass die Produktion der Maschinen weiter voranschreiten konnte», heisst es im Artikel.

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