Klage gegen Kappung der Gäubahn // Das macht das gute Design eines Zuges aus // Wer Linie fliegt, subventioniert Privatflüge

Der Stuttgarter Kopfbahnhof soll abgerissen werden. Linus Benkner/Unsplash

Im Jahr 2025 wird der Kopfbahnhof in Stuttgart abgebrochen. Das bedeutet: Die Bahnstrecke in Richtung Zürich wird gekappt. Dagegen wird geklagt. Ausserdem im wöchentlichen Blick aufs Ausland mit den Links zu spannenden Geschichten: Zugdesigner sprechen über das, was wichtig ist – und wer Linie fliegt, zahlt für Privatflüge mit.

von Stefan Ehrbar
5. Mai 2023

Klage gegen Kappung der Gäubahn

Im Zusammenhang mit dem Bahn-Ausbauprojekt Stuttgart 21 soll mit der Inbetriebnahme des neuen unterirdischen Hauptbahnhofs im Jahr 2025 der Kopfbahnhof in Stuttgart abgerissen werden. Dort enden heute die Züge unter anderem aus Zürich, die über die sogenannte Gäubahn verkehren.

Über diese soll es bis zum Abschluss der Bauarbeiten keine Direktverbindung mehr nach Stuttgart geben. Stattdessen sollen die Züge in Stuttgart-Vaihingen enden oder in einem neuen Nordhalt, der allerdings eher als Idee denn als konkretes Projekt existiert. Dort müssen Passagiere in S-Bahnen steigen, die sie ins Stadtzentrum bringen.

Diese Situation soll während mindestens sieben Jahren andauern. So lange dauert es nämlich mindestens, bis der neue, elf Kilometer lange Pfaffensteigtunnel fertiggestellt ist. Dieser soll zwischen dem Flughafen Stuttgart und Böblingen-Goldberg zu liegen kommen. Die Züge aus der Schweiz sollen künftig über diesen Tunnel mit Halt am Flughafen Stuttgart in den Hauptbahnhof verkehren.

Ob das Bauwerk allerdings wie geplant 2032 fertiggestellt wird, ist unklar. Klappt das nicht, würden nicht nur die Schweiz, sondern auch Teile von Baden-Württemberg noch länger ihre Direktverbindung an den Stuttgarter Hauptbahnhof verlieren. Dagegen regt sich nun Widerstand.

Diese Woche gab die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bekannt, dass sie gegen die geplante Kappung der Gäubahn juristisch vorgehen wird. Ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten belege, dass die Massnahme nicht von Planfeststellungsbeschlüssen abgedeckt und damit unzulässig sei.

Die Kappung werde realistischerweise nämlich eher 15 bis 20 statt sieben Jahre dauern, so die DUH laut der «Neuen Rottweiler Zeitung». Dafür müsste eine ausdrückliche Genehmigung des Eisenbahn-Bundesamtes vorliegen – entweder durch einen sogenannten Planänderungsbeschluss oder einen neuen Planfeststellungsbeschluss.

Das sei aber nicht der Fall und das Vorhaben deshalb rechtswidrig, so die DUH.

Sie habe beim Eisenbahn-Bundesamt daher am 27. April beantragt, der zuständigen DB Netz AG die Abtrennung der Gäubahn zu untersagen. «Sollte dem Antrag nicht binnen eines Monats stattgegeben werden, wird die DUH unmittelbar Klage beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg erheben», wird die DUH im Artikel zitiert. Die Organisation hatte bereits für Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge in deutschen Städten gekämpft.

«Mit der nun geplanten Amputation weiter Teile des Landes vom Bahnanschluss Stuttgart müssten zukünftig Millionen Menschen im Süden des Landes, der Schweiz und Italien ins Auto steigen», wird Jürgen Resch zitiert, der Bundesgeschäftsführer der DUH. Er spricht von «Automobilpolitik pur».

Gefordert wird etwa, die Gäubahn bis zur Inbetriebnahme des neuen Tunnels zusammen mit einem Teil des oberirdischen Hauptbahnhofs zu erhalten. Widerstand gegen diese Idee kommt von der Stadt Stuttgart, die auf den freiwerdenden Grundstücken Wohnungen bauen möchte. Auch die Deutsche Bahn hält den Weiterbetrieb des Kopfbahnhofs laut fairkehr-magazin.de für «keine Option».

Darauf kommt es an bei gutem Zug-Design

Worauf achten Menschen, die für das Innen- und Aussendesign von Zügen verantwortlich sind? Wie haben sich die Idealvorstellungen in den letzten Jahren verändert?

Dieser Frage geht die deutsche «Tageszeitung» nach. Sie hat dafür ein Interview mit Christiane Bausback und Andreas Bergsträsser geführt. Sie gehören der Designagentur N+P Innovation Design an, die unter anderem für das Design der Transrapid-Familie und der Nozomi Shinkansen in Japan verantwortlich ist. Die Agentur ist auch zuständig für das Exterior- und Interior-Design des ICE-V, gewisser Baureihen des ICE 3 und ICE-T und des Desiro.

Bergsträsser sagt, das Design des neuen ICE 4 falle durch die Behebung vieler Schwachstellen auf. «Es gibt mehr Privatsphäre und Wohnlichkeit, und die Sitzposition ist auch verbessert worden.» Wenn ein Zug Wohnlichkeit vermittle, könne er gegen den Individualverkehr punkten.

Bausback sagt, vor 100 Jahren sei das Bahnfahren noch ein «Wahnsinnsereignis» gewesen, das sich nicht jeder leisten konnte. «Danach kam eine Welt, in der alles plötzlich funktional sein musste, neutral, kapazitätsgetrieben. Doch jetzt besinnen wir uns zurück: Wie können wir das Gute aus der Vergangenheit in die Zukunft übertragen?»

Bergsträsser sieht etwa das Konzept verschiedener Zonen als Möglichkeit, weil jeder Passagier unterschiedliche Bedürfnisse mit sich bringe, die während längerer Strecken auch ändern könnten. «Es ist also sinnvoll, ihm eine Auswahl verschiedener Zonen anzubieten: zum Arbeiten, zum Entspannen, zum Unterhalten, zum Telefonieren. Man könnte es künftig sogar so machen, dass man für seinen Platz nur so lange zahlt, wie man ihn benötigt.»

Ein solches Konzept habe seine Firma vor 10 Jahren bereits für Hitachi entwickelt. Dort habe es statt verschiedener Klassen verschiedene Zonen zum Arbeiten, Socializen und Relaxen gegeben. Bausback sagt zudem, dass Befragungen zeigten, dass Kundinnen und Kunden seit Corona mehr Flexibilität wünschten. «Am Wochenende reise ich mit den Kindern, da brauche ich mehr Platz. Unter der Woche möchte ich lieber meine Ruhe haben und arbeiten. Und Connectivity. Wir haben gerade ein smartes Sitzsystem entwickelt, bei dem ich per App einstellen und für mich speichern kann, wie ich gerne sitze.»

Wer Linie fliegt, subventioniert Privatjets

Normale Linienflüge sind deutlich billiger als Flüge im Privatjet, die für einen Grossteil der Menschheit unerschwinglich sind. Doch wie das Portal heated.world berichtet, profitieren Anbieter von Privatjet-Flügen von einer Art Quersubventionierung – zumindest bei der Finanzierung der Luftfahrtbehörde in den USA.

Dabei beruft sich das Portal auf einen am Montag veröffentlichten Bericht des Institute for Policy Studies mit dem Titel «High-Flyers 2023: How Ultra-Rich Private Jet Travel Costs the Rest of Us and Burns Up our Planet».

Laut dem Bericht gibt es in den USA fast 3000 Flughäfen, die nicht von kommerziellen Fluggesellschaften genutzt werden, sondern vor allem von Privatjet-Reisenden – deren Betrieb aber trotzdem vom Steuerzahler finanziert wird.

Laut dem Bericht ist das nur eine von verschiedenen Möglichkeiten, wie Privatjet-Besitzerinnen und -besitzer von den Abgaben profitieren, die Reisende bezahlen müssen, die kommerzielle Linienflüge benützen.

Insgesamt zahlen Privatjet-Reisende in den USA laut den Zahlen des Berichts nur 2 Prozent der Steuern, die zur Finanzierung der Luftfahrtbehörde Federal Aviation Administration (FAA) benötigt werden. Gleichzeitig machen Privatjets 16 Prozent aller Flüge aus.

Gleichzeitig bezahlen Passagiere von kommerziellen Linienflügen 70 Prozent dieser Steuern. «Sie subventionieren den CO2-Ausstoss und die Bequemlichkeit der Privatjet-Reisenden», schreiben die Autoren dazu.

Der Bericht kommt noch zu einigen anderen problematischen Erkenntnissen in Zusammenhang mit Privatjets. So kaufen beispielsweise viele Privatjet-Besitzer absichtlich ältere Modelle, weil etwa Kanada eine Luxussteuer auf nach 2018 hergestellte Modelle von 10 Prozent des Verkaufspreis eingeführt hat. Ältere Modelle sind aber in der Regel weniger effizient und verbrauchen mehr Treibstoff.

Die Autoren empfehlen deshalb, eine Verkaufs- und Transaktionssteuer einzuführen. Sie schreiben auch, dass Kurzstreckenflüge im Privatjet noch schlimmer für das Klima seien als gedacht.

«Ein Passagier in einem Privatjet verursacht etwa 45-mal so viele Emissionen wie ein Passagier in einem Verkehrsflugzeug auf der gleichen Strecke und mehr als 1.100-mal so viele Emissionen wie ein Bahnreisender», heisst es im Bericht. Empfohlen wird deshalb, Privatflüge auf Strecken von unter 340 Kilometern stärker zu besteuern – und zwar progressiv, je kürzer die Strecke ist.

Die Autoren empfehlen zudem, dass die USA die Bundessteuer auf Flugzeugtreibstoff verdoppeln sollen, um Kurzstreckenflüge zu verhindern und Bemühungen zur Nachhaltigkeit zu finanzieren. Im Gegensatz zu Passagieren in normalen Linienflügen, die auf ihre Tickets Steuern bezahlen müssen, müssen Privatjet-Reisende nämlich nur diese Treibstoff-Steuer berappen.

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